II. Oer Wohnort
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bis 2,50 Mark, eine Rindshaut 12 bis 15 Mark. Die rohe haut kommt zu-
nächst 2 bis 3 Tage in eine Wassergrube, damit sie ihre Geschmeidigkeit
wiedererlangt- dann wird sie etwa ebensolange in eine mit Kalkmilch
gefüllte Grube gebracht und von den haaren und Fetteilen befreit. Nun
werden die Felle in den Fluß getragen und etwas unter Wasser befestigt.
Sind sie vom fließenden Wasser genügend abgespült und von den Kalk-
teilchen gereinigt, so kommen sie in die Lohgruben. Es sind etwa acht
Gruben - die letzte derselben hat die schärfste Lohe. Gerberlohe stellt man
aus Eichenrinde her- sie enthält die wichtige Gerbsäure, welche das
Fell in festes Leder umwandelt. In die Lohgruben legt der Gerber immer
eine Schicht Lohe und eine Schicht häute und begießt alles mit Wasser.
Nach etwa zwei Jahren werden die häute herausgenommen, von neuem
gespült und in der Werkstätte weiter zu Leder verarbeitet. Die-
jenigen häute, welche Oberleder geben sollen, müssen stark mit Talg
und Fischtran eingefettet werden, während das Sohlleder durch häm-
mern seine Dicke erreicht. Endlich wird das Leder mit Schab- und Glätt-
hölzern bearbeitet und mit Lederschwärze gefärbt.
Das so gewonnene Leder ist ganz vorzüglich- aber die Herstellung
dauert zu lange - darum hat man heute den Gerbstoff als Extrakt aus der
Lohe gewonnen und kann das dickste Leder schon in kaum zwei Tagen
fertigstellen. Bei der Gl- oder Sämischgerberei legt man die von
den haaren befreiten Felle in Fett (Tran), reibt und walkt sie, bis sie
kein Fett mehr aufnehmen. So entsteht das wasserdichte Waschleder. Das
weiche Leder der Glacehandschuhe wird durch Weißgerberei ge-
wonnen, indem man die geschwellte haut mit 51 laun, Kochsalz und Fett
behandelt.
c) Beim Schuhmacher. Schuhmacher Friedrich führt uns in seine Werk-
statt. Es ist eine kleine, niedrige Stube, in der noch ein Geselle und zwei
Lehrburschen arbeiten. Ein kleiner, dreibeiniger Schusterschemel dient
als Sitz. Kuf dem Tisch steht der Galgen, ein Holzgerüst mit einer Glas-
kugel, die abends die Lichtstrahlen sammelt und auf die Arbeit wirft.
Ringsum liegt oder hängt an den Nägeln der Wand das Handwerkszeug.
Dies ist der Hammer, mit welchem der Schuster das Leder klopft und
die Sohlen annagelt. Jene Zwickzange braucht er, um die alten Sohlen
abzureißen. Mit dem Pfriemen oder (Drt werden Löcher in das Leder
gestochen. Jene Fäden, die Schweineborsten an den Enden tragen, sind
Pechdraht. Dort der Leisten auf dem Tisch ist die holzform, nach der
ein Stiefel oder Schuh gemacht wird. Der runde, glatte Klopfst ein dient
zum Klopfen, das Schneidebrett zum Zerschneiden des Leders. Letz-
teres geschieht mit einem starken Messer. Mit den kleinen Naspeln
werden die gespeilten Stellen der Sohle, mit der langstieligen Raspel die
inneren Unebenheiten des Schuhes geglättet. Mit dem Leistenhaken
entfernt der Schuhmacher den Leisten aus dem Schuh, und der Glätter