128- Zweite Abtheilung. Die physikalische Geographie.
begriffene Holzfaser, welche ans Kohlenstoff und den Elementen des Wassers
besteht. Der Torf dagegen ist ein kohliger Stoff, der sich durch Vermode¬
rung der Moose und Sumpfpflanzen unter Wasser bildet, und eine besondere,
stets an Dicke zunehmende Lage zwischen der Rasendecke und dem Untergrund
einnimmt. Auch kann man hieher die Lavinen, die Gletscher und das Po¬
lareis rechnen. Manche warme Quellen, wie die zu Karlsbad und die Geyser
auf Island, enthalten viel aufgelöste Kieselerde und setzen dieselbe in der
Form von Kieselsinter ab.
§. 107.
Die Versteinerungen im Allgemeinen.
1. Die versteinerungshaltigen Schichten der geschichteten Formationen zeigen uns
die Pflanzen- und Thierwelt der verflossenen Jahrtausende. Bei den
Untersuchungen derselben tritt ein hingeschwundenes Thier- und Pflanzenleben vor
unsere Augen, das, durch weitverbreitete Erdumwälzungen zerstört, in den durch die¬
selben gebildeten Gebirgsformationen sein Grab gefunden hat.
2. Diese untergegangenen organischen Gebilde sind bald ganz erhalten, vollstän¬
dig bis in die kleinsten Gewebe, Hüllen und gegliederten Theile; bald hat das lau¬
fende Thier, auf feuchtem Thonletlen fortschreitend, nur sein Fährte oder den In¬
halt des Mastdarms (Koprolithen) hinterlassen. In der untern Juraschicht ist
die Erhaltung des Dintenbeutels der Sépia oder des Dintenfisches so wunderbar
vollkommen, baß derselbe noch die Farbe hergegeben hat, womit sein Bild entworfen
wird. In andern Schichten ist oft nur der schwache Abdruck einer Muschelschale
übrig geblieben; und doch kann diese, von Reisenden aus dem fernen Lairde mitge¬
bracht, wenn sic eine Leitmuschel ist, lehren, welche Gebirgsformation sich dort vor¬
findet, mit welchen andern organischen Resten sie vergesellschaftet war. Die weiche,
fleischige und fette Thiersubstanz verlor sich, oder hat sich als thierisches und pflanz¬
liches Oel (Bitümenj in die Gesteine gezogen, aus welchen es durch Destillation im
Feuer wieder getrennt und noch benutzt werden kann.
3. Die Kenntniß der Fauna und Flora der Urwelt wird für uns immer sehr
lückenhaft bleiben, da wir lediglich ans die Ueberreste beschränkt sind, die sich von
ihr in den Gebirgen erhalten haben. Zur Erhaltung (Conservation) konnten sich aber
nur die festesten Gebilde eignen, während die weichen spurlos verschwunden sind.
Schon aus diesem Grunde dürfen wir nicht erwarten, aus der Klasse der Insekten,
Würmer und Quallen zahlreiche Ueberreste in den Gebirgsschichten vorzufinden; die
Beschaffenheit der ungeheuren Mehrzahl derselben ist nicht zu einer solchen Aufbe¬
wahrung geeignet. Thiere mit festem Gehäuse, wie die Korallen, Slrahlkruster, Con-
chylien und Krebse, oder Thiere mit solidem Knochengerüste, wie die Wirbelthiere,
sind es also, deren Ueberreste» aus dem Thierreich wir in den Gebirgsschichten be¬
gegnen. Pflanzen mit derberer Struktur waren ebenfalls zur dauerhaften Aufbewah¬
rung geeignet; allein da ihre genaue Bestimmung zunächst von den Blüthe- und
Frnchttheilen abhängt, die theils sich nicht erhalten konnten, theils von den Stämmen
losgerissen wurden, so ist die Unterscheidung derselben nach Gattungen und noch mehr
nach Arten mit solchen Schwierigkeiten verbunden oder so wenig zuverlässig, daß zum
Behuf der Charakteristik der Gebirgsformationen die thierischen Einschlüsse den Haupt¬
ausschlag geben müssen.
4. Wenn bis jetzt die Würmer (Anneliden), die Krustenthiere (Crustacsen), die
spinuenartigen Thiere (Arachnotden) und die Insekten im Ganzen eine geringe Aus¬
beute geliefert haben, so haben sich dagegen die Ueberreste der Infusorien in
solcher Menge angehäuft, daß sie ausgedehnte und zum Theil recht mächtige Schichten
bilden, was sich nur aus der erstaunenswerthen Fortpflanzungsfähigkeit dieser Thiere
erklären läßt. Die Kor all ent hi ere (Polypen) haben häufige Ueberreste hinter¬
lassen, die entweder versteinert oder auch in Abdrücken und Steinkernen vorkommen.
Auch die Strahlthiere (Radi-iten) kommen wohl häufig vor, und bilden zum Theil
ganze Gebirgsschichten. Besonders aber sind die theils ein(chaligcn, theils zweijchali-
gen Gehäuse der Weich thiere (Mollusken) in den Gebirgsschichten oft in unsäg¬
licher Menge angehäuft.
5. Bon den Fischen findet man zahlreiche Ueberreste, die in ganzen Skeletten
oder in schuppigen Bälgen mit noch ansitzenden Flossen und ansitzendem Kopfe, oder
nur ans Zähnen, Schuppen, Flossen und Flossenstacheln bestehen.