523
DaS Pflanzenreich.
der Erde wurzelnd, steht in wahrhaft königlicher Pracht unter den
übrigen Bäumen des Waldes, und ihr riesenhafter Stamm trägt' dne
Spuren eines ntehre Jahrhunderte übertreffenden Alters. Die Bucke (Fa-
gus sylvaticaL.) macht, nebst den Vorigen, in Verbindung mit der Biri'e
(Betula alba L.) einen Hauptbestandtheil unserer Laubwälder aus. Ihr
festes und hartes Holz tröstet uns für den Schnee und das Eis unseres
Winters, und wenn der Frühling ins Land zieht, so bekleiden sich ihre
Zweige mit dem jungen freudigen Grün, und gewähren den ans denn
Süden durch die Sonnenhitze vertriebenen Singvögeln reichlichen Schat¬
ten, damit sie Nester bauen und ihre Minnelieder anstimmen mögen..
Was aber auch die freigebige Natur uns nicht freiwillig geben
Mochte, oder doch in roher Fornr gab, das hat der deutsche Fleiß einge¬
führt, angebaut und veredelt. Wer iin Sommer durch die deutschen Saat¬
felder wandelt, möchte glauben, durch ein bewegtes Meer zu ziehen; Tau¬
sende und Tausende von schweren Aehren wogen im Wehen der Abend¬
lüfte und winken zur Aernte. Jedes Land und jedes Volk baut mit
Vorliebe bald diese bald jene Getraideart an, und selbst der Mais, dieses
eigentlich südliche Getraide, wird im südlichen Deutschland nüt Glück und
in großer Ausdehnung angepflanzt. Zwar wuchern Apfel-, Virn- und
Kirschbäume wild, und oft stattlich genug in unsern Mildern, aber ihre
Früchte sind hart und meist ungenießbar; dagegen wußte der kluge Land-
Mann durch Propfen und Verpflanzen nach imb nach ihnen so edle Früchte
abzulocken, daß er die Orangen und Limonien Griechenlands und Sizi¬
liens leicht darüber vergißt, denn sein milderer Sommer erfordert auch
keine so stark kühlende Früchte; auch darf er nicht fürchten, sich ein kaltes
Fieber daran zu holen. Die sonnigen Hügel des südlichen Deutschlands,
der obern Schweiz, Tirols, Oesterreichs, nub vor allem deö Neingaus
schwellen von üppigen Neben und liefern Weine, so edel und fenrig, wie
irgend ein Land.
Vergleichen wir nun die eigentlich einheimischen (wilden) Pflanzen
südlichsten Deutschlands mit denen des nördlichen, so sinden wir, daß
Mit der Annäherung gegen Norden dit Zahl der Gattungen und Arten
abnimmt, die Zahl der Individuen aber vielleicht in eben dem Maaße
wächst. Besonders auffallend ist der Kontrast der Flora, wenn man den
südlichen Abhang der Alpen mit dem nördlichen vergleicht. Während in
den Umgebungxn von Klausen und Botzen bereits die Terebinthe (Pistacia
Terobintlms L.), der Perückenbaum, (Rhus cotimis L.) und selbst die
Feige wächst, und die gelbblühende Fakeldistel (Cactus Opuntia L.) mit
ihren gegliederten Stämnten ganze Strecken sonniger Anhöhen bedeckt,
kurz während hier alles an den üppigen Süden mahnt, stoßen wir diesseits
der Alpenkette nur auf die bekannten Bürger der deutschen Flora. Die
nämlichen Bemerkungen drängen sich uns bei Betrachtung der kultivirten