Full text: Erster Band, Deutschland im Allgemeinen enthaltend (Bd. 1)

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Deutschlands Boden. 
Oberfläche der Glättscher ist dagegen sehr rauh, so daß eS scheint, als ob 
die Masse sehr leicht um die Fugen der Kristalle herum schmelze oder als 
ob diese sich aus der Gesammtmasse hervordrängen. Das Innere der 
Glätkchermasse nähert sich dein festen Eise und eben so das Aeußere an 
den Stellen, an welchen eine niedrige Temperatur herrscht. Gießt man 
auf die feste Eismasse Weingeist oder gefärbte Säuren, so wird dieselbe 
schnell zellgewebeartig von der Farbe durchstrickt, und die Kristalle'sind 
dann vom gefärbten Neye eingeschlossen. 
Das oben erwähnte Ineinandergefüge der Glättscherkristalle gilt nicht 
für die ganze Masse von der obern bis zur untern Fläche, denri die abge¬ 
rissenen Glättschermassen pflegen sich, gleich dem Lockerwerden der einzel¬ 
nen Körner, sehr regelmäßig in Schichten zu spalten, die (wenn sie nicht 
durch Frost vereinigt werden) auch nicht die geringste Spur von innerem 
Zusammenhange zeigen. 
Die Farbe einzelner kleiner Glättscherbruchstücke und einzelner Kri¬ 
stalle ist sehr ausgezeichnet weiß und hell, und man wird nie im Stande 
sein, bei einzelnen oder nur wenigen, zusammengewachsenen Kristallen eine 
Hinneigung zu irgend einer andern Farbe zu finden. Wenn aber die 
gleiche Masse mehr im Zusammenhange betrachtet wird, so hebt sich stu¬ 
fenweise, mit zunehmender Mächtigkeit, das Blau, das vom zartesten, 
kaum merkbaren, Himmelblau durch sanftes Schmalteblau bis zum aus¬ 
gezeichnetsten Lasur fortschreitet. An einigen Glättschern mischt sich ein 
sanftes Meergrün in das Lasurblau. Die Farbenfolge ist, vorzüglich in 
den untern Klüften und Spalten, wo der Glättscher im Abschmelzen be¬ 
griffen ist, so rein und ausgezeichnet, daß sie sich nur bewundern, aber 
nicht beschreiben läßt. 
Eine der merkwürdigsten Erscheinungen in den ewigen Eisgefllden der 
Alpen ist die durchgehends gleiche Höhe der Firnlinie. Wenn am 
nördlichen Abhange der Grimsel (auch an sonnigen und wider rauhe Winde 
geschuhten Halden) die Gränze des Baumwuchses nicht 5.700 Fuß hoch 
steigt, sieht man sie am südlichen Abhänge (obgleich dieser den Stürmen 
und der Unterdrücklmg durch die Einwohner weit mehr ausgesetzt ist) sich 
stellenweise über 6.700 Fuß erheben. Wenn die Gränze, wo der Pflan- 
ze»wuchs ganz aufhört, und wo nur noch Flechten vorkommen, oft gegen 
41.000 Fuß hoch steigt, so hat die Firnlinie an manchen Orten schon mit 
0.000 Fuß aufgehört. Wenn die Schneelinie, als solche, nicht nur auf 
nackten Gebirgen, wo keine bestimmte Norm Statt findet, sondern auf den 
Eisgefilden selbst äußerst unbestimmt ist, von 6 bis 12.000 Fuß 
schwankt, und gegen das Ende des Sommers auch die höchsten Hörner 
übersteigt, indein der Schnee sich in Firn verwandelt hat; sehen wir, daß 
weder südlicher noch nördlicher Abhang, weder sonnige noch schattige Lage,' 
noch die Beschaffenheit des Sommers einen wesentlichen Einfluß auf die
	        
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