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Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand. 
er mit der Wurzel cs auszureisen. Darum bewog er seine Mitbürger (ein 
erstaunenswürdigcr Sieg!) allem Eigenthum, woraus irgend eine bedeutende 
Ungleichheit hätte entspringen mögen, und sonach einem der geschäztesten Vor¬ 
theile des bürgerlichen Vereins zu entsagen, damit das Band der Gesell¬ 
schaft um so fester geschlungen würde. Also hörte das Privateigenthum über 
Grund und Boden aus, und die bewegliche Habe — denn diese konnte un¬ 
möglich Gcmcincigenthum seyn — wurde aufs Aeußcrfte beschränkt. Jenes 
— das Land — wurde in so viel Theile vermessen*), daß jedem Spar¬ 
taner, auch jedem Lakonier, ein zu seinem und seiner Familie llnterhalt 
hinreichendes Stück zur Nuznießung konnte zngcschicden werden. Aber er 
selbst durfte cs nicht bauen — der Jndustriöse wäre sonst reicher, als der 
Träge geworden —; die Heloten mußten es thun; und, damit auch der 
Begriff des Reichthums nicht aufkomme, wurde alles Gold und Silber ver¬ 
bannt, eisernes Geld eingeführt und der Spartaner durch strenge Gesezc zur 
größten Einfachheit in Wohnung, Gcräthschaften, Kleidung und Nahrung 
verbunden. Nicht nur der Ackerbau, auch andere mechanische Künste, noch 
mehr aber spekulative und schöne Wissenschaften waren ihnen verboten. Nur 
Bürgersinn verlangte das Vaterland von ihm und starke Arme und ein un- 
gctheiltcs Herz. 
Aber woher nahm Lykurgus solche Bürger voll Sclbstverläugnnng und 
brennender Vaterlandsliebe und lebendiger Kraft — dafür sollte die Er¬ 
ziehung sorgen, die mit der Geburt, ja vor derselben schon anfing und 
durch das ganze Leben währte. Die spartanischen Mädchen wurden auf 
Männerart unter stäten Leibesübungen und abhärtenden, freilich auch die Gc- 
schämigkcit tödtenden, Spielen zu tüchtigen Müttern starker Kinder herange¬ 
zogen. Eine Menge, zum Theil auch harter und unsittlicher, Vorschriften 
über die Wahl der Gatten, über das eheliche Verhältniß und die ehelichen 
Reebte sollten dem Staat lauter wohlgcschlossene Verbindungen und kräftige 
*) Diese Vcrtheilung der Ländereien ist einer der dunkelsten Punkte der lykurgischen Gc- 
sezgebnng. Die Anzahl der Portionen — nach Plutarch 6000 spartanische und 30,000 lacc- 
dämo nische —und die Grundsäze ihrer Anweisung und Uebertragung können mit Bestimmt¬ 
heit nicht mehr ansgemittelt werden. Ihre Vererbung auf Weiber streitet offenbar gegen das 
lykurgische System, und muß daher eine spätere Einsezung seyn. Wohl aber rührt schon von 
Lykurgus die parteiische Anweisung der besseren Thalgründe an die spartanischen und der 
schlechteren Berggcläudc an die lakonischen Bürger her.
	        
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