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Viertes Kap. Römische Geschichte. 
waren; so verließ er Nom und zog nach dem Orient, fühlend, daß ihm ob¬ 
liege, die Behauptung der Fcldherrnstelle durch Siege zu rechtfertigen. Von 
Ein na (der sein Verwandter, aber dennoch sein Feind war) nahm er den 
Eid, nichts gegen sein Interesse unternehmen zu wollen. 
§. 48 MariuS 
Aber der geächtete Marius war den Henkern entronnen. Zwar die 
Sümpfe von Minturnä, worin der graue Held sein Haupt verborgen, schüzten 
ihn nicht. Er wurde entdeckt und in den Kerker des Städtchens geschleppt. 
Ein cimbrischer Sklave sollte ihn todten. Aber als Marius seinen Herrscher- 
blick auf ihn warf, und mit der Donnerstimme ihn anrief: „Du, du willst 
den Cajus Marius todten!" — so entfiel dem Sklaven das Schwert, und 
Marius fand Mittel, unter vielfältiger Gefahr, nach Afrika zu entkommen. 
Hier, in dem Lande, welches der erste Schauplaz seiner Siege gewesen, irrte 
Marius in elender Verlassenheit umher, unaufhörlich vom Nacheschwcrte be¬ 
droht, in Noth und Mangel. Hier war es, wo er, unter den Trümmern von 
Karthago ruhend, zu dem Abgeschickten des Befehlshabers der Gegend die 
deutungsvollen Worte sprach: „Sage deinem Herrn, du habest den Cajus 
Marius auf den Trümmern von Karthago gesehen." Endlich fand er Zuflucht 
auf einer einsamen Insel. 
Cinna hielt seinen Eid nicht. Er schlug vor, wie schon Sulpicius 
gethan, die Bundesgenossen unter alle Tribus zu vertheilen, und wurde hier¬ 
über von Octavius, seinem Kollegen, nach blutigem Kampfe vertrieben. 
Aber die Italiener sammelten sich häufig unter seine Fahnen. Carbo, Ser' 
torius mit vielen Tapferen gingen zu ihm über. Da rief er Marius zurück 
und zog vereint mit ihm vor Nom. Die Häupter desselben, Octavius, 
Merula, welcher für Cinna Konsul geworden, und Cn. Po mp ejus (des 
Großen Vater), welcher jezt erst sich für Sulla erklärte, flehten umsonst zu 
den Göttern um Hilfe. Es fehlte ihnen an Talent, wie an Kraft. Sieben- 
zehn tausend Menschen wurden vor den Thoren der Stadt erschlagen, und 
darauf, nach kurzer Unterhandlung, zogen die Sieger ein; Cinna mit schein¬ 
barer Huld, Marius mit finsterem, Rache verkündendem Blicke. Jezt fingen 
die Schrcckcnssccnen an. Die Soldaten, wie nach Erstürmung einer feindli¬ 
chen Stadt, raubten, mißhandelten, mordeten ohne Unterschied der Partei: 
Marius und Cinna wütheten gegen ihre persönlichen Feinde. Viele angesehene 
v. Rottcck, allgem. Geschichte. II. 13
	        
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