Viertes Kap. Römische Geschichte. 231 
gaben ihm die höchste Macht in Nom und er gedachte sie zu behaupten. Bald 
erfuhren die Verschworenen seine Tücke. Denn, als er den Senat bewogen, 
das feierliche Leichenbegängniß des Diktators zu gestatten, und als das Volk 
zur Kundmachung der für dasselbe von Cäsar bestimmten Vermächtnisse vorbe¬ 
reitet war; so sezte er es durch eine künstliche Leichenrede, mehr noch durch 
Hinweisen aus den blutigen Rock und den schrecklich verwundeten Leichnam 
seines Wohlthäters in solche Wuth, daß cs mit den Feuerbrändcn von Cäsar's 
Scheiterhaufen auf die Häuser der Verschworenen stürmte, und diese zur 
Flucht in die Provinzen zwang. Doch war cs nur ein Haufe von Veteranen, 
Freigelassenen, Sklaven und niedrigem Pöbel und nicht der bessere Theil des 
Volkes gewesen, der diese Gewaltthat verübte. 
Von jezt an, ohne die Maske des Nepublikanismus abzulegen, vermehrte 
Antonius — nachdem er Cäsar's Schäzc, sogar aus den Tempeln, geraubt 
hatte — seine Macht zusehends durch Anlockung der Veteranen, durch Bil¬ 
dung einer starken Leibwache, vorzüglich aber durch Einschwärzung von Ver¬ 
ordnungen, Privilegien, Verleihungen re., die er, als wären sie in Cäsar's 
Schriften enthalten, aus schamlose Weise verkündete. Ein näherer Schritt war 
die veränderteProvinzcnverthcilung, wornach er das cisalpinisch e Gallien, 
Macedonien und Syrien, welche schon durch Cäsar für Decimns und 
Marens Brutus und Cassius bestimmt waren, sich und seinem Bruder 
Casus und Dolabella zuerkannte, Lepidus aber das jenseitige Gal¬ 
lien gab. 
Aber die Erscheinung des jungen Octavi anus, des Enkels von Cäsar's 
Schwester, welchen dieser adoptirt und zum Erben seines Namens und seines 
Vermögens erklärt hatte, veränderte plözlich alle Verhältnisse. Von Apol¬ 
lonia, wo er seine Studien trieb, kam dieser achtzehnjährige Jüngling auf 
die Nachricht von Cäsar's Tode nach Rom, entschlossen, seinen Namen und 
die daran geknüpften Ansprüche zu behaupten. Unter seinen Leidenschaften 
war Herrschsucht, unter seinen Gaben Verstellungskunst die erste. Sonst hatte 
er gute Anlagen und empfehlende Talente. Mit Antonius, der seine Ju¬ 
gend verachtete und sein Erbe ihm vorenthielt, gerietst er sogleich in Feind¬ 
schaft, und da ihm Name und Reichthum großen Anhang verschafften, so 
schien er Vielen ein tüchtiges Werkzeug, die Macht des Anderen zu schwächen. 
Die Veteranen Cäsar's in Campanicn erklärten sich für Octavian; auch gingen 
von Antonius Feldlager mehrere Legionen zu ihm über. Jener lagert sich
	        
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