Full text: Darstellung der allgemeinen Verhältnisse und Erscheinungen der Völkerkunde (I)

30 Abschn. 1. Physiologische Mannigfaltigkeit und Einheit des Menschen. 
und ewig bauert die Oszillation zwischen den entgegengesetzt 
ten Richtungen des Individualisations-Dranges und des Stre- 
beits nach einer höheren Einheit und allgemeineren Gestal¬ 
tung der Eigenthümlichkeit, und was für die Einzelneit und 
die persönliche Individualität das Volk und die Volks- 
thümlichkeit, das ist für die Völker und die nationel- 
len Individualitäten die Menschheit und das Menschen¬ 
thum. — 
§. 17. Geistige Varietäten des Menschen — die Tempe¬ 
ramente. 
Ein solcher Wandel, ein solcher Wechsel der Gestaltung 
des beweglichen geistigen Elementes im Menschen, wie eben 
angedeutet worden, scheint von vorn herein die Frage zu be¬ 
seitigen, ob sich in der geistigen Ausprägung des Menschen 
nicht etwa eine ähnliche Grnppirung nach gewissen festen, 
unveränderlichen Hauptformen, eine Unterscheidung nach be¬ 
stimmten Varietäten nachweisen lasse, als in der körperli¬ 
chen. Dennoch verdient sie, bei einer geographischen Be¬ 
trachtung des Menschen, näher ins Auge gefaßt zu werden. — 
Eine derartige Erörterung ist übrigens, aus sehr natür¬ 
lichen Gründen, bislang fast ganz vermieden und erst in der 
neuesten Zeit in ein spärliches Licht gesetzt worden. Die körper¬ 
lichen Verschiedenheiten drängten sich unmittelbar auch der 
oberflächlichsten geographischen Beobachtung auf; die geisti¬ 
gen wurden zwar ebenfalls bemerkt, sogar philosophisch und 
psychologisch klassifizirt, allein an eine geographische Ver¬ 
arbeitung des Gegenstandes mochte um so weniger gedacht 
werden, als die an sich ungleich schwierigere Auffassung un¬ 
körperlicher Erscheinungen einer Wissenschaft fern zu liegen 
schien, welche es vorzugsweise mit der irdischen Körperwelt 
zu thun hat. — Nachdem indeß, durch die Förderung der 
Ethnographie, durch die genauere und genanere Kenntniß der 
geistigen Eigenschaften des Menschen unter den verschieden¬ 
sten Zonen und Racen, der psychologischen Forschung man¬ 
ches Material geliefert worden, kann die Erdkunde daran 
denken, die Resultate jener theilweise in Anspruch zu nehmen, 
und mit Hülfe derselben den Versuch wagen, den Zusam-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.