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Einleitung. 
beit noch mehr als eines Geschlechtsalters nöthig, nnd es müssen vor Allem 
ruhigere nnd — freiere Tage erwartet werden*). 
Laßt uns es unumwunden gestehen und beklagen: so reich der Vorrath 
von Materialien, so hell beleuchtet bereits manche ihrer einzelnen Partien 
sind, die Zeit ist noch nicht gekommen, in welcher eine getreue Geschichte der 
ganzen Revolution könnte und dürfte geschrieben werden. So lange 
der Sturm derselben brauste, drohte Aechtung Demjenigen, welcher dies- 
und jenseits ihrer Gebietsgrenze gegen sie und für sie zuschreiben wagte; 
und als Napoleon seinen Herrscherftuhl über das europäische Festland sezte, 
ward selbst dasSeufzen der gehorchenden Völker unterdrückt. Doch sammelte 
sich in den Parteischriftcn der ersten Periode eine Masse historischen Stoffes, 
welcher gegenseitig sich beleuchtend und der Läuterung durch eine freimüthige 
Kritik empfänglich ist. Ja, selbst in der zweiten Periode mochten noch aus 
Rußland, später wenigstens aus Britannien, die Stimmen einer freien 
Beurtheilung oder doch einer Opposition erklingen. In der neuesten Zeit 
aber ward durch Machtgebot über ganz Europa eine politische Doktrin ver¬ 
kündet, welcher alle Geschichte und alle Philosophie dienen soll. Von jezt an 
besteht die Geschichte unseres Welttheiles blos aus offiziellen Kundmachungen, 
aus Deklamationen der Panegyristen und höchstens aus einigen vereinzelten 
Aussagen schüchtern auftretender Zeugen. Solche Klage soll keineswegs eine 
Anfeindung jener politischen Lehre seyn. Den Staatenlcnkern steht nach der 
Doktrin der Hofpublizistcn das Ermessen darüber zu, welche positive Fest- 
sezungen die Ruhe ihrer Völker heische. Wir sagen blos, daß die Geschichte 
nicht Dienstmagd seyn könne eines politischen so wenig, als eines kirchlichen 
Systems, und daß „die Wahrheit sich blos auf den Sarg der Könige seze." — 
Gleichwohl wird es einst eine Geschichte unserer Tage geben; und wenn in 
Europa sie nimmer erscheinen darf, so wird Amerika sie schreiben. 
*) Diejes wurde geschrieben 1825. Heute, in Folge der Jnlicevolntion von 1830, er¬ 
freuen wir »ns der wieder anbrechenden Freiheit. Gleichwohl möge der Text unverändert 
stehen bleiben, als Bezeichnung des Charakters jener traurigen Zeit, worin er ursprünglich 
geschrieben ward.
	        
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