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Zweites Hauptstück. 
Kammern vorlegte. Um in das Geschäft der Aufstellung der Geschwornen¬ 
listen, aus denen die Mitglieder der Geschwornengerichte durch das Loos zu 
bestimmen waren, eine regelmäßigere Ordnung zu bringen, schlug der Siegel¬ 
bewahrer vor, die Listen der Wähler zu Grunde zu legen, die alljährlich von 
den Behörden aufgenommen, öffentlich bekannt gemacht und von den Gerichten 
controlirt werden sollten. Die Pairskammer erweiterte den Gesetzentwurf, 
indem sie die Bestimmung hinzufügte, daß in den Geschwornenlisten neben 
den Wählern oder den höchstbesteuerten Bürgern auch jene einzutragen wären, 
die sich durch wissenschaftliche Bildung oder ausgedehnten Geschäftsbetrieb auszeich¬ 
neten ; die politische Bedeutung des ursprünglichen Entwurfes wurde dadurch aber 
nicht verändert. Die Betrügereien, die bisher bei den Wahlen nicht selten den 
Ausschlag gegeben hatten, wurden fortan unmöglich; und die Wahlen wurden 
das, was sie in der Absicht des Gesetzgebers seyn sollten: der wahre Ausdruck 
der Gesinnungen, die in den vermögenderen Klassen der Gesellschaft vorherrschten. 
Die Session der Kammer ging ihrem Schluffe entgegen; die Vor¬ 
anschläge für den Staatshaushalt gaben noch zu den leidenschaftlichsten 
Erörterungen Veranlassung, denen ein von dem geschickten Nechnenmeistcr Villalc 
nicht vorhergcseheucr Ausfall in den Staatseinkünften zum Anhaltspunkte 
diente. Der Finanzminister setzte den heftigsten Angriffen und Anklagen eine 
unerschütterliche Ruhe entgegen, die ihren Grund hauptsächlich wohl darin 
hatte, daß sein Entschluß bereits gefaßt war, die Kammer aufzulösen, in der 
ihm zwar eine sichere Mehrheit zu Gebote stand, die ihm aber doch durch 
die steigende Erbitterung zahlreicher Gegner Unruhe genug bereitete. Gründe 
der verschiedensten Art wirkten zusammen, um den vorsichtigen Villele zu 
einem Entschlüsse zu drängen, der immerhin ein gewagter blieb, weil das 
Ergebniß der Wahlen niemals mit Sicherheit vorherzubestimmen war. Ein¬ 
mal wollte der schlau berechnende Staatsmann den Wirkungen des neuen 
Gesetzes über die Geschwornenlistcn ausweichen, welches den Einfluß der 
Negierung auf die Wahlen in hohem Grade vermindern mußte, das aber erst 
mit dem nächsten Jahre in Kraft trat. Sodann hatte er sich von der Noth¬ 
wendigkeit überzeugt, den Zwiespalt zwischen den Ansichten der Pairskammer 
und jenen der Abgeordnetenkammer, der in den,'Gang der Regierung ein 
beständiges Schwanken brachte, auszugleichen. Er hatte deshalb beschloßen, 
durch eine große Pairsernennung der liberalen oder halblibcralcn Partei in 
der Pairskammer ihre Mehrheit zu entziehen. Die neuen Pairs konnten aber,
	        
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