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Zweites Hauptstück. 
zu beharren, den er nur als die höchste Unbesonnenheit betrachten könne, 
stellte ihnen vor, wie thöricht ihre Anstrengungen gegen die ungeheuren 
Kräfte, die der Regierung zu Gebote ständen, seyn würden, und ermahnte 
sie, zur Gesetzlichkeit zurückzukehren und nicht auf der Straße einen Sieg 
zu suchen, der dort gewiß nicht zu finden sey. Die jungen Leute ent¬ 
fernten sich schweigend, aber den Unmuth im Herzen und in ihrem Ent¬ 
schlüsse nicht erschüttert. Inzwischen hatten in der Versammlung der Abgeord¬ 
neten die lebhaftesten Erörterungen über die schreckenerregende Zumuthung der 
Wählerabordnuug begonnen. Nur wenige Stimmen erhoben sich, die darauf 
drangen, daß man ohne Rücksicht aus die Gefahr sich mitten in die Bewegung 
stürzen solle. Die Mehrheit kam aus den Vorschlag Sebastiaui's zurück, daß 
man den König durch eine ehrfurchtsvolle Bittschrift ersuchen möge, sein Mi¬ 
nisterium zu ändern und die verhängnißvollen Ordonnanzen zu widerrufen. 
Aber auch darüber wurde kein fester Beschluß gefaßt. Mau ging auseinan¬ 
der, nachdem man sich zugesagt hatte, den nächsten Mittag bei Audry de 
Puyravcau wieder zusammenzutreffen. Dieser hatte sein Haus zum Versamm¬ 
lungsorte angeboten, da Casimir Pürier Anstand nahm, das seinige zum 
zweiten Male einer so gefährlichen Vereinigung zu öffnen. 
Zu der Zeit, als diese Rathlosigkeit unter den Männern herrschte, die 
sich selbst als die Gesetzgeber Frankreichs betrachteten, war es bereits nicht 
mehr zu verkennen, daß Alles sich für einen großen furchtbaren Ausbruch der 
Volkslcidenschaftcn vorbereitete. Bereits am Vormittage hatte sich im Palais 
Royal eine ungeheure Masse Menschen gesammelt, unter denen von nichts die 
Rede war, als von den Ordonnanzen und von dem Widerstande, den man 
denselben entgegensetzen müsse. Ein Polizeicommissair erschien und kündigte 
an, daß er den Befehl habe, das Palais zu schließen, weshalb er die An¬ 
wesenden auffordern müsse, sich zu entfernen. Als seiner Weisung keine Folge 
geleistet wurde, drangen einige Abtheilungen Infanterie ein, die mit aufge¬ 
pflanzten Bajonetten die murrende Menge aus dem Garten und aus den 
Gallcrien trieben. Aber die Volksmasse, welche auf diese Weise aus dem 
Innern des Gebäudes verdrängt war, verlief sich nicht, sondern blieb außer¬ 
halb desselben in dichten Haufen der bewaffneten Macht gegenüberstehen. Da 
die Zusammenrottung, die sich von Stunde zu Stunde vermehrte, einen 
drohenden Charakter annahm, so versuchte eine Anzahl berittener Gensdarmen 
die nächsten Haufen, aus denen sich der Ruf: „Es lebe die Charte!" erhob,
	        
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