Das Königreich der Niederlande und die belgische Revolution. 801 
mußte, den ungeheuern Betrag von beinahe 2000 Millionen — nämlich 
786,336,216 Gulden an verzinslicher und 1,204,933,312 Gulden an aufge¬ 
schobener Schuld erreichte. Außerdem erforderten die Wasserbauten der nörd¬ 
lichen Provinzen und die Seemacht, die man als deren ausschließendes Ei¬ 
genthum betrachtete, außerordentliche Summen, von denen man behauptete, 
daß sie den südlichen Lanvestheilen gar nicht zu Gute kämen. Dagegen er¬ 
hielten diese allerdings durch den Aufschwung, den ihr Handel und Gcwcrb- 
fleiß nahm, volle Entschädigung. Der Hafen von Antwerpen, der seit drei 
Jahrhunderten verödet war, fing an sich mit Schiffen zu füllen und wett¬ 
eiferte bald mit den beiden holländischen Stapelplätzen Rotterdam und Amster¬ 
dam; die Fabriken und Manufacturen zu Gent, Lüttich, Vcrviers und an 
vielen anderen Orten erhoben sich durch den weiten Markt, den die nieder¬ 
ländischen Colonien ihnen eröffneten, zu einer Blüthe, die jene stolzen Tage 
des Mittelalters zurückrief, in denen der flandrische Gewerbflciß die Bewun¬ 
derung von ganz Europa ans sich zog. 
Aber wie augenfällig diese Vortheile auch waren, so wogen sie doch in 
der Meinung die Verletzungen nicht auf, die der Glaubcnseiser und der volks- 
thümliche Stolz des Südens täglich zu erfahren hatte. Der uralte Name 
der Bclgjcr, der im Volksleben längst jede Bedeutung verloren hatte, wurde 
wieder hervorgcsucht, um die aus Deutschen und Wallonen gemischten Be¬ 
wohner der südlichen Provinzen unter einer gemeinschaftlichen Bezeichnung den 
rein deutschen Holländern entgegenzusetzen; und Belgier und Holländer, obwohl 
unter einer Negierung vereinigt, haßten einander so gründlich, wie dies irgend 
unter zwei einander feindlich gegenüberstehenden Volksstämmen der Fall seyn 
kann. Diese gegenseitige Abneigung der Bevölkerungen und die Unzufrieden¬ 
heit der Belgier mit der Negierung zu vermehren, trug die Presse ihr Ned- 
liches bei. Die durch das Grundgesetz verbürgte Freiheit der Presse gewährte 
allerdings den erheblichen Vortheil, daß der Regierung nichts von alle dem, 
was die Gemüther bewegte, verborgen blieb; und wenn die gesetzlichen Be¬ 
stimmungen, welche dem Mißbrauche steuern sollten, von Anfang mit Kraft 
gehandhabt worden wären, hätte die ganze Einrichtung gewiß eine segens¬ 
reiche Wirkung hervorgebracht. Man glaubte aber die Presse ungestört sich 
sellyt überlasten zu müssen, weil man hierin ein wirksames Mittel sah, der 
Hinneigung nach Frankreich in den südlichen Provinzen zu begegnen. Die 
leidenschaftlichsten Angriffe gegen die Restauration, die in Frankreich der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.