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Drittes Hauptstück.
ergreifen." Da der Ausschuß dies ablehnte, reichte Chlopicki seine Entlassung
ein und trat, ungerührt durch die drohende Gefahr, in der das Land schwebte,
das ihn höher geehrt, als irgend einen andern seiner Söhne, in das Privat¬
leben zurück. Mit stummem Schmerze, der sich aber bald in grimmigen Zorn
verkehrte, vernahmen Volk und Heer das Ausscheiden des Feldherrn, unter
dessen Führung beide sich für unüberwindlich gehalten hatten. Wenn die Na¬
tionalgarde, die auf wiederholtes Andringen des Verwaltnngsrathcs erst vor
wenigen Tagen bewaffnet worden war, nicht alle Zusammenrottungen zerstreut
hätte, wäre das Leben des Dictators gefährdet gewesen, der mit den bittersten
Verwünschungen überhäuft wurde.
Zwei Tage darauf trat der Reichstag zusammen, dessen erste und drin¬
gendste Sorge es war, zu der Wahl eines neuen Oberbefehlshabers zu schreiten.
Die polnische Armee besaß eine Menge Generale, die aber theils alt und
kränklich waren, wie Klicki und Woiczyuski, theils alles Talent als An¬
führer entbehrten, wie Sicrawski, Szembck, Fürst Radziwil, Graf Pac, theils
durch ihren zweideutigen Charakter die öffcmliche Achtung verscherzt hatten,
wie Krukowiecki und Wcißcnhof. In der Verlegenheit kam man nochmals
auf Chlopicki zurück; mehrere Mitglieder des Reichstages beschworen ihn, dem
Vaterlande seine Dienste nicht zu entziehen. Er blieb unerschütterlich bei sei¬
ner Weigerung, den Oberbefehl zu übernehmen; erklärte aber, daß er als
Soldat in die Reihen des Heeres treten und dem Feldherrn, auf den die
Wahl falle, seinen Beistand nicht vorenthalten werde. Auf die Frage, wen
er zu wählen anrathe, bezeichnete er den Fürsten Radziwil, der zwar keine
große Kriegserfahrung habe, aber persönlich tapfer, hochgestellt durch seinen
Rang und beim Volke beliebt sey. Diese Empfehlung gab den Ausschlag,
weil man voraussetzte, daß, unter dem Namen des Fürsten doch eigentlich
Chlopicki den Befehl führen würde. Von 140 anwesenden Neichstagsmitglie-
deru gaben 107 dem Fürsten Radziwil ihre Stimme. Als dieser hierauf vom
Scnatspräsidenten zum Oberbefehlshaber ernannt wurde, erschallte von allen
Seiten der Ruf: „Er lebe! Er führe uns nach Lithauen! Zum Kampfe!"
Senatoren und Landbotcn sprangen von ihren. Sitzen und umringten den
neuen Feldherrn, der seinerseits bescheiden ausrief: „Dem Willen der Nation
gehorsam, nehme ich den mir angewiesenen Posten an, aber nur bis sich ein
Würdigerer findet."
Noch ehe diese Ernennung erfolgt war, hatte Roman Soltyk den Antrag