§ 2. Die Menschwerdung des ewigen Gottessohns.
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hatten ihnen doch im Grunde ihres Herzens keine Ge¬
nüge verschaffen können. Selbst der göttliche Bund
vom Sinai mit dem ernsten drobenden Gesetze konnte
nur dazu dienen, den Menschen ihre Sünde und Ver-
dammlichkeit zu offenbaren und so ein Zuchtmeister auf
Christum zu sein. Alle noch bessern, für ein höheres Heil
empfänglichen und nach göttlicher Gnade sich sehnenden
Herzen mußten dem Wort von der wahrhaftigen Gnade,
dem Worte des ewigen Lebens zufallen, wenn sie es nun
vernahmen.
Und sehet auch darauf noch hin mit Anbetung des
göttlichen Waltens, daß gerade damals in dem ungeheu¬
ren römischen Reiche, das fast die ganze bekannte Erde
umfaßte, der Verkehr unter den Menschen so leicht ge¬
worden war und das Evangelium von Christo
überallhin offenen Weg hatte.
8 2.
Tie Menschwerdung des ewigen Gottessohns.
Aus dem Volke der Wahl, in welchem die nä¬
hern Vorbereitungen und Voraustalten auf sein Kommen
getroffen waren, sollte Der hervortreten, mit dessen Er¬
scheinen eine neue Zeit der Welt und darum auch mit
Recht eine neue Zeitrechnung beginnt.*) „Aus
Ziou bricht an der schöne Glanz Gottes," Ps. 50, 2.
Doch auch noch aus einem höhern, aus dem ewigen Zion
bricht er au.
Es war eine kleine, unwerthgeachtete Stadt, Namens
Nazareth in Galiläa, dem nördlichen Theile des
damaligen Palästinas, welcher wie der südliche Theil
desselben, Judäa, von Inden bewohnt wurde; zwi¬
schen beiden Provinzen lag Samaria, das Land der
Samariter. In Nazareth lebte eine züchtige, demü-
*) Wir zählen die Jahre nun immer von Christi Geburt
an; also: Christi Geburt I. 1, Gang des h. Knaben zum Fest nach
Jerusalem I. 12 rc.