ich nichts widerrufen, weil es nicht gerathen ist, etwas wider das Gewis¬
sen zu thun. Hier stehe ich; ich kann nicht anders. Gott helfe mir.
Amen!" Luther gewann durch diese Rede viele Freunde, aber auch manche
Feinde. Der Kaiser sprach die Reichsacht über ihn aus (im Wormser Edikt
vom 8. Mai 1521) und erklärte den deutschen Fürsten mit festem Ernste:
„daß er entschlossen sei, alle seine Reiche, Länder, Freunde, Leib und Blut,
und das Leben selbst dahin zu verwenden, daß die deutsche Nation bei der
Religion seiner Vorfahren, der christlichen deutschen Kaiser, erhalten werde."
— Für Luther war die Reichsacht vorläufig ohne Gefahr; denn sein Kur«
fürst (Friedrich der Weise, regierte von 1485 — 1525) hatte ihn schon vor
Bekanntmachnng derselben auf die Wartburg in Sicherheit bringen lassen.
2. Erster Krieg gegen Franzi. (1 5 21 —1526). Für die
Fortsetzung der Reformation war es von besonderem Nutzen, daß Karl
viele auswärtige Kriege, theils mit dem französischen König Franz I., theils
mit den Ungläubigen zu bestehen hatte. Dadurch wurde sein Blick oft
von Deutschland abgezogen, und die evangelischen Fürsten konnten, unge¬
hindert von dem Kaiser, die neue Lehre in ihren Ländern einführen.
Eine Veranlassung zur feindseligen Stimmung zwischen dem franzö¬
sischen und spanischen Könige lag schon darin, daß Franz das Königreich
Neapel, welches einst dem ihm verwandten Hause Anjou zugehört hattet),
ungern in Karl's Händen sah; Karl aber sowohl das zur burgundischen
Erbschaft seines Großvaters Maximilian gehörige Herzogthum Burgund
als das Herzogthum Mailand, welches letztere Franz 1515 erobert hatte,
diesem zu entreißen wünschte. Dazss war der Groll des französischen Kö¬
nigs gegen Karl durch das Mißlingen seiner Bewerbung um die deutsche
Kaiserkrone noch gesteigert worden. Zur Zeit des Wormser Reichstags
war der erste jener Kriege bereits seinem Ausbruche nahe. Er wurde in
den Niederlanden und an den Pyrenäen, am hartnäckigsten aber in Ita¬
lien geführt. Mit dem Kaiser verband sich der Papst Leo X., der die
kleinen Fürsten von Italien in einen Bund zusammenbrachte, um die Fran¬
zosen von der Halbinsel zu vertreiben. Auch der König von England,
Heinrich VIII., der durch glänzende Versprechungen von Karl gewonnen
war, trat dem Bunde gegen Frankreich bei. Den vereinten Anstrengun¬
gen so vieler Kräfte war Franz nicht gewachsen; ihn traf Schlag auf
Schlag. Schon im Jahre 1521 verloren die Franzosen die Schlacht bei
Bicocca?), in Folge dessen sie Mailand räumten. Zwar führte Bonni-
vet die Franzosen eine Zeitlang glücklich an und eroberte einen Theil des
streitigen Herzogthumes wieder; als aber der Connetable^) Karl von
') Das Königreich Neapel batte Ferdinand der Katholische im Jahre 1504
mit Aragonien vereinigt, wozu Sizilien bereits seit dem Jahre 1282 gehörte.
Sizilien war dem Könige Karl von Anjou, aus dessen Befehl Konrad von Hohen¬
staufen (1268) enthauptet wurde, durch Peter den Hl. entrissen worden, nachdem die
Franzosen durch ein allgemeines Blutbad (die sizilianische Vesper) auf der Insel er¬
mordet worden waren (1282). Außer Neapel und Sizilien besaß Karl, als Enkel
Ferdinands deS Katholischen, noch die Insel Sardinien, die Peter II. von Ara¬
gonien 1296 von dem Papste Bonifazius Vlll. als Lehen empfing.
') Bicocca, Stadt 1 Meile nördlich von Mailand.
*) Die Würde des Connetable war die höchste Reichöwürde in Frankreich, mit
welcher namentlich die Oberanführung im Kriege verbunden war.
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