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Schuldige aber mußte zur Warnung Anderer mit verhülltem Gesicht durch
das Schandjoch, eine Art Galgen, hindurch gehen.
3. Die Albaner trugen das römische Joch mit großem Unwillen
und strebten eifrigst darnach, die alte Unabhängigkeit wieder zu gewinnen.
Ihr Feldherr Fusfetius wiegelte daher die Fidenater und Vejenter
gegen Nom auf und versprach, während der Schlacht zu ihnen überzugehen.
Wirklich erschienen diese vor Nom. Tullus rückte ihnen mit dem römischen
Heere, dem die Albaner als Hülfstruppen beigegeben waren, entgegen.
Kaum aber war das Treffen eingeleitet, so zog sich Fuffetius mit seinen
Leuten in die Nähe der Fidenater, um von dort aus sich denen anzuschlie¬
ßen, auf deren Seite sich der Sieg neigen würde.
Ein Bote bringt dem Tullus die Schreckenspost: „Die Albaner ziehen
dort hinter den Bergen herum zu den Feinden!" Tullus erschrak, doch
faßte er sich schnell und rief so laut, daß die Vcjenter es hören konnten:
„Ganz recht, sic fallen auf meinen Befehl den Fidenatern in den Rücken!"
Diese Worte brachten selche Furcht unter die Feinde, daß zuerst die Fidc-
nater und dann die Vejenter die Flucht ergriffen. Als Fuffetius darauf
den siegreichen Römern Glück wünschte, verbarg Tullus seinen Ingrimm
und stellte sich, als wenn er dessen treuloses Spiel nicht gemerkt; ordnete
aber eine allgemeine Volksversammlung aus den nächsten Tag an. Zuerst
erschienen unbewaffnet die Albaner; das römische Heer stellte sich bewaffnet
dann ringsum. „Römer," — sprach jetzt Tullus — „gestern in der Schlacht
haben uns die Götter sichtbarlich beigestanden, denn — ihr wißt es noch
nicht — nicht mit den Feinden allein habt ihr gekämpft, sondern auch
mit der Verrätheret unserer Freunde. Nicht aus meinen Befehl zogen die
Albaner jenen Bergen zu, sondern in der Absicht, zu den Feinden überzu¬
treten. Doch nicht auf das, Heer schiebe ich die Schuld, das folgte nur
den Anordnungen seines Führers. Mcttus hier ist der Verräther und ihn
treffe die verdiente Strafe!" Sofort ergriffen Bewaffnete den albanischen
Feldherrn, und der König sprach weiter: „Mettus, wie gestern deine Ge¬
sinnung zwischen Rom und Fidenä getheilt war, so soll auch dein Körper
zwiefach getheilt werden!" Und auf einen gegebenen Wink ward Fuffetius
gefesselt und von Pferden schrecklich zerrissen. — Die Albaner wurden
darnach nach Rom versetzt und bauten sich auf hem cölischen Hügel an.
4. Nach 32jähriger Regierung (640) soll Tullus vom Blitz erschla¬
gen und mit seinem Hause und seiner ganzen Familie verbrannt sein.
Die Römer sahen dies als eine wohlverdiente Strafe der Götter an, weil
Tullus deren Dienst vernachlässigt hatte. Deshalb wählte man auch zu
seinem Nachfolger den Ankus Marci ns, einen Enkel des Ruma Pom-
pilius, welcher den Gottesdienst ganz in der Weise seines Großvaters wie¬
der anordnete. Dieser König regierte 23 Jahre (640—617), besetzte den
aventinischen Hügel mit Latinern und gründete den Hafen Ostia.
14. Servius Tullius. (578—534 v. Chr.)
1. Tarquinius Priskus (617—578) ; Erbauung deS Kapitols und der Kloaken. Die
Söhne des AnkuS todten TarquiniuS (die streitenden Hirten). 2. Die List der Tana-
quil. Serviuö Tulliuö (578— 534). 3. Bebauung deö viminalischen und esquili-