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Die Juden.
Jahrhundert n. Chr. verrufen als Stätte der rafsinirtesten Lüste;
an Größe und Bevölkerung wurde es Alexandria gleichgestellt.
Noch in höherem Maße als die übrigen Völker von Vorder¬
asien widerstanden die Juden der Romanisirung. Sie traten zu¬
erst in der Zeit der Makkabäer in Verbindung mit Rom. Pompe-
jus kam als Schiedsrichter zwischen den Makkabgern Aristobulus
und Hyrkauus 63 v. Chr., und die Juden wurden zinsbar. Seit
dieser Zeit wuchs die Zahl der außerhalb Palästina's im römi¬
schen Gebiet lebenden Juden; sie wurden überall gefnnden. Nach
Rom kamen Juden zuerst als Kriegsgefangene des Pompejus.
Cäsar duldete sie und erlaubte ihnen die Errichtung von Synago¬
gen; Tiberius vertrieb sie aus Rom'und verpflanzte die römischen
Juden nach Sardinien. Die Juden wurden von den Römern tief
verachtet, aber auch alsein wegen seiner Eigenthümlichkeit besonderer
Rücksicht bedürftiges Volk angesehen; sie wurden nicht zum Kriegs¬
dienst genöthigt und es wurde ihnen überall auch außer Palästina das
Corporationsrecht zu Theil. Die religiöse Innigkeit war bei den
Juden längst erloschen, und die Menge sah das Heil in der bloß
äußerlichen Beobachtung des Ceremonialgesetzes. Es hatten sich die
Sekten der Pharisäer, der Saddueäer und der Effäer gebildet. Die
Pharisäer nahmen neben den Büchern des alten Testamentes auch
mündliche Ueberlieferungen als bindend an, beobachteten mit ängst¬
licher Sorgfalt die äußeren Religionspflichten und legten überhaupt
auf die äußere That ein großes Gewicht, während oft die rechte
Gesinnung fehlte. Die Pharisäer wußten durch heuchlerische Werk¬
heiligkeit die Gemüther der Menge zu gewinnen. Die Saddueäer
betrachteten nur das geschriebene Gesetz als religiös-gesetzliche Norm,
sie erhielten den Mosaismus rein von fremden Zuthaten und legten
ein größeres Gewicht auf strenge Sitten, als auf wahre Sittlich¬
keit. Dagegen zeichneten sich durch die letztere die Essäer aus. Sie
hatten reine Begriffe von einem heiligen Urwesen, beobachteten ge¬
nau die Religionsgesetze, übten die strengste Herrschaft über sich
selbst aus und achteten Mäßigkeit und Reinheit. Die Essäer zogen
sich aber von dem Volksleben zurück und waren bei ihrer Abge¬
schlossenheit ohne Einfluß auf dessen Veredlung. Gegen die griechi¬
sche Sprache und Bildung hatten sich die Juden nicht verschlossen,
und in Alexandria entstand eine hellenisch-jüdische Philosophie, de¬
ren bedeutendster Vertreter der Jude Philo (geb. 20 v. Chr.) ist.
In Palästina verbreitete sich immer mehr der Glaube an Dämo¬
nen, an deren Macht in Menschenleiber zu fahren und an die Herr¬
schaft der bösen Geister über die Besessenen. Die Einbildung der
Juden, daß sie Gottes Volk seien, und die Hoffnung auf einen
Messias, der sie aus der Erniedrigung zu politischer Größe und
Herrschaft erheben werde, steigerte sich bis zum Fanatismus. Rö¬
mischer Druck, Erpressungen und soldatische Brutalität trieben die
Juden 65 n. Chr. zu einem Aufstande, welcher 70 n. Chr. mir der
Zerstörung Jerusalems und der Wegführung des größten Theils der
jüdischen Bevölkerung endete. Auch ein nochmaliger Aufstand der
Juden unter Hadrian endete 135 mit furchtbarer Verödung des
Landes. Die mit der Bewältigung der beiden jüdischen Aufstände