Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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den Sarg in eine ungeweihte Kapelle geschafft hatte. Dort stand er 
noch fünf Jahre über der Erde, bis Heinrich V. die Lossprechung 
vom Banne bewirkte und den Leichnam mit großer Feierlichkeit in 
die Gruft seiner Ahnen zurückbringen ließ. 
Heinrich V. Heinrich V. (1106—1125) hatte aus Herrschsucht sich ge¬ 
gen seinen Vater mit den Fürsten und dem Papste verbunden, 
gleichwohl stand sein Wille unerschütterlich fest, das Ansehen des 
Reichsoberhauptes gegen die Fürsten zu behaupten, die im Reiche 
eingerissene Anarchie zu beseitigen und den Anmaßungen des Papstes 
mit Kraft zu begegnen. Gleichsam um zu zeigen, daß er es mit 
beiden Gegnern zugleich aufnehmen wolle, entsetzte er den Herzog 
Heinrich von Lothringen seines Fürstenthums und ließ den Papst 
Paschalis II. ersuchen nach Deutschland zu kommen, um hier auf 
einer Kirchenversammlung das Verhältniß des Staates zur Kirche 
zu ordnen. Paschalis erneuerte auf einer Kirchenversammlung zu 
Guastalla das Verbot der Investitur durch Weltlichei er weigerte 
sich nach Deutschland zu kommen und bereiste Frankreich. Heinrich 
belehnte darauf nicht nur mehrere neue Bischöfe mit Ring und Stab, 
sondern setzte auch gegen das Verbot des Papstes den gebannten 
Bischof Udo von Hildesheim wieder ein. Eine zweite Gesandtschaft, 
welche Heinrich an den Papst nach Frankreich sandte, verlangte die 
Einwilligung zu dem alten Jnvestiturrechte und erklärte auf die 
Weigerung des Papstes: „nicht hier, sondern in Rom wird der 
Streit mit dem Schwerte entschieden werden." An der Erfüllung 
dieser Drohung wurde Heinrich V. in den nächsten Jahren durch 
andere Unternehmungen verhindert. Er zwang den unruhigen Gra¬ 
fen Robert von Flandern zur Unterwerfung, nöthigte die Po¬ 
len und Böhmen zur Anerkennung ihrer Zinspflicht und unter¬ 
nahm 1108 einen Kriegszug nach Ungarn. Heinrich V. hob durch 
diese Unternehmungen sowohl die Macht Deutschlands als sein ei¬ 
genes Ansehen. 
Im Jahre 1110 unternahm Heinrich V. mit einem zahlreichen 
Heere einen Zug nach Italien. Er fand in den italienischen 
Städten eine schlechte Aufnahme und wenig Gehör für seine Be¬ 
fehle. Er zog aber mit seinem starken Heere von Ort zu Ort und 
wüthete mit Feuer und Schwert gegen die Städte, die sich ihm zu 
widersetzen wagten. Nach Rom an den Papst Paschalis II. sandte 
er seinen Kanzler Adelbert, und dieser bewies dem Papst, daß 
die Geistlichkeit durch den unermeßlichen Reichthum sich von ihrem 
wahren Beruf ganz entfernt habe. Unter solchen Umständen er¬ 
scheine das Aufsichtsrecht des Königs als nothwendig. Auch könne 
der König das seit 300 Jahren ausgeübte Jnvestiturrecht nicht auf¬ 
geben, weil mit demselben alle an die Bischöfe vergabten Güter 
für Kaiser und Reich verloren gehen würden. Paschalis, welcher 
nach dem wahren Wohle der Kirche strebte, erwiederte, er sei es 
zufrieden, daß der weltlichen Macht alle Güter und Einkünfte, 
welche die Kirche als Reichslehen besitze, zurückgegeben würden; da¬ 
gegen solle der König mit einem Eid allen Ansprüchen an die In¬ 
vestitur entsagen. Zugleich verpflichtete sich der Papst, den König 
mit allen Ehren zu empfangen und ihn als Kaiser zu krönen. Diese
	        
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