Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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Flotten i bisher waren nur wenige Häfen zugänglich gewesen, jetzt 
standen alle Seeplätze des byzantinischen Kaiserreichs und der christ¬ 
lichen Eroberungen in Syrien offen. Durch die Eroberung von 
Constantinopel und die Gründung des lateinischen Kaiserreichs er¬ 
hielt Venedig den früher erlangten, aber von Pisa und Genua be¬ 
reits ernsthaft streitig gemachten Vorrang im Levantehandel wieder. 
Die Venetianer nahmen von der Beute gerade den werthvollsten 
Antheil, den Peloponnes, welcher damals der Sitz einer blühenden 
Industrie war, und die fruchtbarsten und am besten angebauten In¬ 
seln des Archipelagus, welche sich vom Bosporus bis zum adriati¬ 
schen Meere erstreckten und welche für die Venetianer eine Kette der 
wichtigsten, sowohl strategischen, als kommerziellen Stationen wur¬ 
den. Von dem Handel Constantinopels rissen die Venetianer be¬ 
sonders den Seidenhandel und den Handel mit Indien an sich. Sie 
gaben der Seibenmanufaktur nicht nur eine größere Ausdehnung, 
sondern führten den Seidenbau auch in Italien ein. Die Venetia¬ 
ner öffneten auch wieder die alte Handelsstraße vom schwarzen Meere 
nach Indien. Bereits früher hatten sie an der Stelle, wo das heu¬ 
tige Asow steht, eine Faktorei zu Tana (das Tanais der Alten) 
gegründet. Diese Stadl wurde zum Stapelplatz der indischen Waa¬ 
ren gemacht. Die Städte Bochara, Samarkand und Balk waren 
wie im Alterthume die Handelsplätze für alle nach Nord- und Mit¬ 
telasien bestimmten Waaren Jnbien's und China's geblieben. Von 
diesen Städten wurden die Waaren nach dem kaspischen Meere, 
dann die Wolga aufwärts bis Astrachan, darauf zu Lande durch ei¬ 
nen Theil des südlichen Rußlands hinüber auf den Don und dann 
zu Wasser bis Tana gebracht. Nach dem Sturze des lateinischen 
Kaiserthums gewannen die Genuesen im Bunde mit den Griechen 
auf einige Zeit im Levantehandel die Oberhand. Die Venetianer 
mußten aus Constantinopel und den Küstenstädten des schwarzen 
Meeres weichen, und Kaffa auf der Halbinsel Krimm wurde der 
Mittelpunkt des genuesisch-indischen Handels. Die Venetianer such¬ 
ten sich andere Wege für den Levantehandel und richteten ihr Au¬ 
genmerk besonders auf Aegypten. Die italienische Industrie lieferte 
den Aegyptern Wollenstoffe, Waffen, Spiegel, Schmucksachen, Glas 
und andere Artikel und dagegen tauschten die Italiener Spezereien, 
Gewürze, Perlen, Edelsteine, Elfenbein, Baumwolle, Seide und 
andere Erzeugnisse des ägyptischen Bodens und Gewerbfleißes ein. 
Diesen indisch-ägyptischen Verkehr stellten zwar die Venetianer zu¬ 
erst her; aber die Pisaner und Genuesen folgten ihnen auf der 
Ferse nach. 
Einen großen Einfluß übten die Kreuzzüge auch auf den Han¬ 
del der Niederländer. Von den Niederlanden aus wurden meh¬ 
rere Unternehmungen nach dem gelobten Lande in direkter Seefahrt 
unternommen und bekunden die Ausbildung, welche die niederländi¬ 
sche Marine gewonnen hatte. Hauptsächlich waren es die Friesen 
und Holländer, die sich mit Schiffbau und Rhederei befaßten. Er¬ 
stere sollen bereits im 9. Jahrhundert bis zum Eismeer vorgedrungen 
sein. Bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts finden wir 
auf den niederländischen Märkten morgenländische Produkte, welche 
ohne Zweifel von den aus Palästina heimkehrenden friesischen und
	        
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