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auf frischer That zu erschlagen. Sie lagen ungebüßt, denn solche
That der Rache galt für keinen Mord.
Die Wiederverheirathung der Wittwe war in ältester Zeit, wo
sie dem Manne in den Tod folgte, natürlich nicht möglich, und auch
nachdem diese Sitte verschwunden war, haftete noch längere Zeit auf
einer Frau, die sich zum zweiten Male vermählte, ein Flecken.
Bald verschwand indessen dieses Gefühl, und nordische Geschichten
berichten, daß die Wittwe entweder zugleich mit dem Todtenmahle
für den verstorbenen Gatten, oder bald nachher ihren Brautlauf ge¬
halten hat.
Besaß eine Familie eigene oder unfreie Leute, so besorgten Das Gesinde,
diese die Geschäfte auf dem Felde, und die Hausfrau batte nur die
Leitung. So wenig auch der freie Germane zu der Feldarbeit ge¬
neigt war, so lag doch dem nicht Verachtung, sondern nur Faul¬
heit zu Grunde. Dagegen stand die Viehwirthschaft im Allgemei¬
nen in Verachtung. Verhaßten Feinden warf der Nordländer die
Schmähung zu, daß sie die Knechtesarbeit des Melkens und Vieh-
fütterns trieben. Auch wenn Noth um Arbeiter war, verschmähte
die freie Nordländerin das Vieh zu besorgen, denn das war eine
Mägdearbeil. Demohngeachtet war bei den deutschen Stämmen die
Viehwirthschaft in Blüthe; die deutschen Weideplätze waren bei den
Römern berühmt, namentlich jene großen Wiesen zwischen dem Lech,
der Donau und der Iller. Die Schweine, Schafe, Rinder und Pferde
scheinen den Knechten anvertraut gewesen zu sein, Mägde besorgten
die Kühe und auch wohl die Ziegen, denn sie bereiteten auch But¬
ter und Käse. Eine harte Arbeit der Mägde war das Mahlen des
Getraibes auf Handmühlen. Das männliche Gesinde war auch mit
der Herstellung und Instandhaltung des einfachen Haus- und Acker-
gerälhes beschäftigt. Bei der Verfertigung der Waffen scheinen auch
die Herren mit thätig gewesen zu sein; denn das Schmiedehand¬
werk ist das einzige, welches die Helden der Sagen zu treiben pfle¬
gen. Bei größerem Besitz war nur ein Theil der Hörigen, das
Ingesinde, im Herrnhause; ein anderer saß abgesondert auf zuge¬
theiltem Lande und lieferte nur jährlichen Zins in Erzeugnissen des
Feldes, der Viehzucht oder an selbst gearbeiteten Linnen und Wol¬
lenzeugen. Wenn auch der Herr das Recht über Leben und Tod
seiner unfreien Leute hatte, so hatte doch in diesen Verhältnissen
die Sitte mildernd eingewirkt und das Loos der Sklaven bei den
Deutschen viel erträglicher gemacht, als es bei den gebildeten Rö¬
mern und Griechen der Fall war. Die nicht zur Bedienung des
Herrn bestimmten Sklaven waren in der That nicht viel Anderes,
als an ein bestimmtes Gut und seine Herrnfamilie gebundene, leib¬
eigene Bauern, die im seltensten Falle veräußert wurden, gewöhn¬
lich im Besitze einer Familie und meist auch auf einem Grundstücke
blieben. Politische Rechte hatten freilich die unfreien Leute nicht,
und wenn sie Jemanden belangen wollten oder selbst belangt wur¬
den, so mußte ihr Herr für sie eintreten, der in allen Stücken ihr
Vormund und Patron war. Auch waffenfähig und kriegspflichtig
waren sie nicht, und nur im höchsten Nothfall gab man ihnen das
Schwert in die Hand. In einem solchen Falle gelang es ihnen