Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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näherte, ertheilte sie sogleich Befehl, die Prinzessin über die Grenze zu 
bringen. 
Philipp überließ die Leitung der Geschäfte seiner jungen Gemahlin; 
bei dieser aber galt Alberoni alles. Er wurde von der dankbaren Eli¬ 
sabet in den Staatsrath berufen und durch deren Vermittlung zum Kar¬ 
dinal ernannt. An die Spitze der Verwaltung gestellt, strebte Alberoni 
darnach, Spanien aus dem gesunkenen Zustande zu erheben, er beför¬ 
derte den Ackerbau und schuf eine ansehnliche Seemacht. Der Königin 
schmeichelte er mit der Aussicht, ihren Söhnen unabhängige Fürsten- 
thümer zu verschaffen, da zwei Söhne Philipps aus der ersten Ehe 
ihnen die Hoffnung benahmen, auf den Thron Spaniens zu gelangen. 
Es sollten die an Oestreich gekommenen Landschaften in Italien wieder 
an Spanien gebracht werden. Gegen die Pläne Alberoni's vereinigten sich 
Frankreich, England und Holland zu einer Tripelallianz(1717). 
Alberoni aber sandte eine Flotte von zwölf Kriegsschiffen und 9000 Mann 
nach Sardinien, und nach kurzer Gegenwehr wurde diese Insel erobert. 
Im folgenden Jahre wurde auch Sicilien von den Spaniern besetzt. 
Nun trat auch der Kaiser der Tripelallianz bei, die nun eine Quadru¬ 
pelallianz wurde (1718). Man kam überein, daß der Kaiser Sici¬ 
lien von Savoyen erhalten, diesem "dagegen Sardinien einräumen sollte. 
Für Don Carlos, den ältesten Sohn der Elisabet, bestimmte man 
Toskana, Parma und Piacenza, wo die männlichen Linien der Häuser 
Medici und Farnese dem Aussterben nahe waren. Elisabet und Albe¬ 
roni waren mit diesen Vorschlägen nicht zufrieden; aber die englische 
Flotte unter Admiral Byng besiegte die spanische bei Cap Passaro 
(1718), und England und Frankreich erklärten Spanien den Krieg. Da 
nun der Königin von Spanien zugleich das Anerbieten gemacht wurde, 
daß ihre Tochter die Gemahlin Ludwigs XV. werden solle, wenn Spa- 
nien die Bedingungen der Quadrupelallianz annähme, so erfolgte der 
Sturz Alberoni's, und Spanien nahm die Bedingungen der Qua¬ 
drupelallianz an. 
Nach Alberoni's Entfernung wollte Philipp V. die Leitung des 
Staates selbst übernehmen, aber daß überstieg das Maß seiner Kräfte. 
In einem der bei ihm so gewöhnlichen Anfälle von Trübsinn, Schwer- 
muth und Gewissensangst übergab er die Regierung seinem ältesten 
Sohne Ludwig (1724). Da aber der siebzehnjährige Fürst schon nach 
sieben Monaten starb, so übernahm Philipp V. von neuem die Regie¬ 
rung. Seine Melancholie wuchs und stieg bis zur Geisteszerrüttung. 
Die Königin mußte die Befriedigung ihres Ehrgeizes, die Staatsgeschäfte 
zu leiten, durch das traurige Geschäft erkaufen, einen solchen Gemahl 
zu beaufsichtigen, ihm Gesellschaft zu leisten und sich zuweilen auch 
harte Mißhandlungen gefallen zu lassen. 
Als der Kaiser Karl VI. wegen der Unterstützung des Kurfürsten 
von Sachsen bei der polnischen Königswcchl mit Frankreich in Krieg 
gerieth (S. 370 und 400), glaubte auch Elisabet die Gelegenheic be- 
nutzen zu können. Ein spanisches Heer zog nach Italien (1733) und 
eroberte Neapel und Sicilien. Im Frieden (1735) wurde das König- 
reich Neapel mit Sicilien dem spanischen Jnfanten Don Carlos 
zugesprochen; dagegen mußte dieser Toskana an Franz Stephan und 
Parma und Piacenza an den Kaiser abtreten.
	        
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