Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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mit Freveln belasteten Gegnern leichter beikommen zu können. In der 
That machten sie zuerst von dem Decrete Gebrauch, um an ihren Geg- 
nern durch den gänzlichen Sturz des Herzogs von Orleans Rache 
zu üben. Schon früher war dieser des Einverständnisses mit Dumouriez 
beschuldigt worden; jetzt wurde er irn Convent förmlich angeklagt. Er 
wohnte, in tiefes Nachdenken versunken, der Sitzung bei und berief sich 
nur auf die Achtung, die ihm, als einem Stellvertreter des Volkes, ge- 
bühre. Als ihn am folgenden Tage die Wache aus seinem Palaste ins 
Gefängniß abholte, verkaufte er eben einen Theil seiner Wäsche, um 
sich einiges Geld zu verschaffen. Ec wurde mit seinen beiden, in Frank¬ 
reich zurückgebliebenen Söhnen nach Marseille gebracht. Ferner bewirkte 
die Gironde die Verhaftung und Anklage Marat's. Die gerichtliche 
Verfolgung dieses schamlosen Frevlers diente jedoch nur dazu, diesem 
eine größere Bedeutung zu geben, als er jemals gehabt hatte. Macat 
wurde von dem Revolutionstribunale freigesprochen und auf den Schul- 
tern des freudetrunkenen Pöbels, unter Triumphgeschrei und mit einer 
Bürgerkrone geschmückt, in den Convent zurückgetragen. 
Da die Hauptmacht des Berges in dem Pöbel und in dem Ge- 
meinderath von Paris lag, so wurden beide in Verbindung gebracht und 
in jeder der 48 Sektionen ein aus 12 Personen bestehender revolutio- 
närer Ausschuß organisirt, durch welchen jeden Augenblick die fana¬ 
tische Volksmasse gegen den Convent aufgeboten werden konnte. Zu- 
gleich wurde die Veranstaltung getroffen, daß der Gemeinderath sich bei 
jedem Tumulte durch Mitglieder dieser Ausschüsse verstärkte. Der Con¬ 
vent gewährte oft das unwürdige Schauspiel eines wüthenden Haufens, 
dessen Parteien sich nicht bloß die gemeinsten Schimpfwörter zuriefen, son- 
dern, unter dem Geschrei und sogar der thätigen Theilnahme der Galle- 
rien, erst mit Faustschlägen, dann auch mit Degen und Pistolen über 
einander herfielen. Es half nichts, daß man in dem Saale der Tuile- 
rien, in welchen die Sitzungen verlegt waren, die Bänke alle an einer 
Seite aufstellte und die Gallerien höher anlegte. Auch dieser neue 
Sitzungssaal glich einem Schauplatze, auf welchem zwei Parteien von 
Fechtern täglich auf das wüthendste kämpften. 
Das unbedingte Recht der Denk-, Rede- und Druckfreiheit ward 
feierlich ausgesprochen und durch ein Gesetz sicher gestellt; aber an dem- 
selben Tage, an dem dies geschah, wurde eine Person, die in der Trun- 
kenheit Aeußerungen zu Gunsten des Königthums gethan hatte, vom 
Revolutionstribunal verurtheilt und enthauptet. Freier Handel und 
freier Gebrauch des Eigenthums war das Losungswort der Revolution 
gewesen, und jetzt wurde ein höchster Getraidepreis festgesetzt und alles 
Getraide unter öffentliche Aufsicht gestellt, so daß niemand ohne einen 
amtlichen Erlaubnißschein auch nur Mehl zum Hausbedarf kaufen durfte. 
Die verheißene Ermäßigung des Abgabendrucks ward durch eine ge¬ 
zwungene, auf die Reichen ausgeschriebene Anleihe bethätigt. 
Die Straßen-Tumulte wurden immer häufiger und schrecklicher. 
Abgeordnete einer pariser Sektion hatten die Frechheit, mit einer Liste 
von 2 5 Girondisten vor den Convent zu treten und zu fordern, daß 
dieselben als Verräther und Verschworne geächtet werden sollten. Die 
Gironde, welche noch immer die Stimmenmehrheit hatte, ließ diese 
Frechheit ungestraft. Endlich, als den Girondisten ein Plan des Bür-
	        
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