Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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von Oestreich unabhängigen, selbständigen Reich machen. Aber nach 
einem blutigen Kriege, in welchem ein russisches Heer die Oestreicher 
unterstützte, wurde Ungarn wieder unterworfen (1849). 
4) D i e Literatur. 
Durch die Meisterwerke der beiden klassischen Dichter, Schiller und 
Goethe, welche die Schönheit der antiken Kunst in ihrem tiefsten Wesen 
ergriffen hatten, war der Werth der antiken Bildung außer Zweifel ge- 
setzt. Die neue Kunstphilosophie hatte ebenfalls daß Antike zu ihrer 
Grundlage gemacht; Schillers ästhetische Abhandlungen hatten den von 
Winkelmann, Lessing und Goethe dem Alterthum abgewonnenen Kunst- 
begriffen die volle Geltung verschafft. Auch die Philologie, durch Hum- 
boldt und Wolf mit der neuen Literatur in die fruchtbarste Wechsel¬ 
beziehung gebracht, stand höher als je und richtete sich vornehmlich auf 
die ästhetische Seite der alten Literatur. So schien das antike Princip 
jetzt erst recht die Basis der poetischen Entwickelung werden zu sollen, 
als es in dem Stadium seiner höchsten Entwickelung plötzlich angefein¬ 
det wurde. Es geschah dieses durch die Romantiker, welche das 
Alterthum seines Ansehens und Einflusses zu berauben suchten. Es han- 
delte sich aber nicht bloß um den Wechsel eines obersten Grundsatzes 
und der idealen Anschauungen in Kunst und Poesie, sondern es trat die 
Lust zu einer Reform hervor, welche in allen Wissenschaften, in Reli¬ 
gion, Denkungsart, Sitte, ja sogar in den Grundlagen des kirchlichen 
und staatlichen Lebens eine völlige Umwandlung hervorbringen sollte. 
Die Romantiker strebten nach einer Einheit der Kunst und des Lebens; 
Religion, Poesie, Leben, alles sollte im Einklang sein, jedes in dem 
andern aufgehen, und der romantische Idealismus die Seele dieses Bun¬ 
des sein. Die christliche Kunst sollte alle Zustände und Bestrebungen 
des Lebens durchdringen. Nach längst verschwundenen Zuständen des 
Volks-- und Staatslebens entwarfen sich die Romantiker für die Gegen- 
wart ein Bild des Lebens, welches der vollkommenste Abglanz ihrer 
mystischen Ideale sein sollte. 
Mit den eigenen Schöpfungen der Romantiker sah es freilich schlimm 
genug aus, und sie waren um so schwächer, je mehr sie sich vom Clas- 
sicismus entfernten. Dies betrifft sowohl den Inhalt als die Form 
ihrer Poesie. Die griechischen Dichter blieben bei ihrer frischen Ueber¬ 
zeugung von dem Werthe und der Wahrheit des Daseins gegen eine 
gramvolle und sehnsüchtige Verkümmerung geschützt. Nach den Absichten 
der Romantiker hingegen sollte das Leben gänzlich den Beigeschmack deß 
Irdischen verlieren und in hellen, duftigen Weihrauchwolken zum Him- 
mel aufsteigen. Ihre Poesie glich selbst in der edleren Gestalt nur dem 
idealen Aufschwünge und dem unreifen Wesen des Jünglingsalters; die 
Die deutsche 
Literatur.
	        
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