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Roms den Papst erwählen, der Kaiser ihn bestätigen, sondern eine
auserlesene Zahl hoher Geistlicher, die Kardinäle, die Wahl vornehmen
und der Kaiser nur dann das Bestütigungsrecht ausüben, wenn es
ihm ein früherer Papst verliehen hatte. Auf Hildebrands Rat
schmückte Nicolaus zuerst sein Hanpt mit einer doppelten Krone;
die obere trug die Inschrift: Kaiserkrone aus St. Peters Hand, die
untere: Königskrone aus Gottes Hand. Das hieß nichts anderes, als
daß der Papst, Kaiser und König zugleich, beide Würden vom Himmel
empfangen habe und von ihm erst andere Kronen, auch die kaiserliche,
ihren Glanz erhielten. Im Jahre 1073 bestieg Hildebrand als
Gregor VII. den Thron, und sofort begann er den Einfluß der welt¬
lichen Macht auf die Kirche rücksichtslos zu bekämpfen. Seine Bundes¬
genossen waren die Normannen und die „große Gräfin" Mathilde von
Toscana, die die deutsche Gefangenschaft noch nicht vergessen hatte.
(Ter Jnvestiturstreil.) 1. Heinrich hatte sich die Wahl Gregors
ohne Protest gefallen lassen; obgleich man seine Bestätigung nicht ein¬
geholt. Einem so nachgiebigen Fürsten glaubte der Papst noch mehr
bieten zu dürfen. Er erklärte mehrere von Heinrich ernannte Bischöfe
für abgesetzt nnd die Investitur aus Laienhand mich in Deutschland
für unzulässig; er gebot ihm ferner, dem Papste mißliebige Räte aus
seiner Nähe zu entfernen und ein christliches Leben zu führen, wofern
er nicht ans der Gemeinschaft der Gläubigen ausgestoßen sein wolle.
Es war gerade nach der Schlacht bei Hohenburg, Heinrich stand
mächtiger da als je: darum konnte er den Kampf gegen den Papst
aufnehmen. Auf einer Synode zu Worms ließ er Gregor für ab¬
gefetzt erklären und teilte ihm dies durch einen Brief mit, der beginnt:
„Heinrich, nicht durch Anmaßung, sondern nach Gottes heiliger Ord¬
nung König, an Hildebrand, nicht den Papst, sondern den falschen
Mönch." Gregors Antwort war der Bann.
2. Noch war die Wirkung dieser Kirchenstrafe gewaltig. Die
Sachsen faßten neuen Mut uud empörten sich gegen ihren grausamen
Bedrücker, Otto von Nordheim fiel von ihm ab, ja eine Fürstenver¬
sammlung zu Tribur verbot ihm die königliche Gewalt auszuüben und
drohte mit der Wahl eines andern Kaisers, falls er nicht in Jahres¬
frist vom Banne gelöst sei. Da beschloß Heinrich, sich dem Papste
zu unterwerfen. Die süddeutschen Fürsten wünschten dies aber zu
verhindern; sie verlegten ihm die Alpenstraßen und nötigten ihn, von
Frankreich aus, über den Mont Cenis, nach Italien zu reisen. Es
geschah dies mitten im strengsten Winter (Jan. 1077), unter den
größten Entbehrungen und Gefahren. Endlich gelangte Heinrich, be-