Full text: Die Erde und ihre Bewohner

170 Dritte Abteilung. Europa,.Gebirge, Alpen. 
keit. ab und an Durchsichtigkeit zu. In einer Höhe von 9 bis 
10.000 Fuß wird die dünne Luft schon Manchen beschwerlich, in einer 
Höhe von ungefähr 11—12.000 Fuß bemerkte der Vers., daß inan 
ungemein lange Luft einathmen müsse, um den Körper zu sättigen, 
während auf einen Stoß die eingeathmete Luft schnell entweicht; er 
empfand aber keine Uebelkeit. 
Einige Zeit vor eintretendem Regenwetter erscheinen auf den Alpen 
die Gegenstände um außerordentlich viel näher, als sie sind. Berg¬ 
gipfel, welche 6 bis 8 Stunden entfernt find, scheinen so nahe, daß der 
Getäuschte, mit dieser Erscheinung Unbekannte, wähnt, der zwischen ihm 
und dem Berge liegende Raum überschreite Kanonenschußweite nicht. 
Die Temperatur, welche nach der Höhe abnimmt, ist auf der höher lie¬ 
genden Nordseite der Alpen viel niederer, als auf der tiefer liegenden 
Südseite, und nach der so mannigfaltigen Lage dieser einzelnen Gebirgs- 
theile so verschieden, daß sich für das Ganze schwerlich eine — der 
Wahrheit sich nähernde, Mitteltemperatur ausmitteln läßt. 
An den Gewächsen, welche auf den Alpen gedeihen, findet man, 
daß auch hier, wie auf andern hohen Gebirgen, der Baum wuchs 
allmählig nach der Höhe verschwindet, und daß die Alpen¬ 
pflanzen der höchsten Regionen durch sehr schöne Farbe und 
ungemein kurze Blumenstiele sich auszeichnen, so daß die 
Blumen fast unmittelbar aus dem Erdreiche hervorgesproßt erscheinen. 
In den Thälern, welche sich von Ost nach West er¬ 
strecken, steigt die Vegetation höher, als in den Thälern, 
welche Richtung von N. nach S. haben. 
Der Weinstock gedeiht in manchen Lagen nicht höher als 1150F., 
z. B. bei Chiavenna, an andern Stellen sogar bis über 3000 Fuß; 
denn im Sesiathale hört der Weinbau erst mit 3093 F. auf, wäh¬ 
rend er bei Suazza bis 8026 F., im Valtelin bis 2.600, an der 
Ostseite des Monte rosa bis 2.480, im südlichen Tirol bis 2.000, 
oberhalb Giorniko nur bis 1.600 F. steigt. Eben so abweichend 
nach Richtung und Licht- oder Schattenseite der Thäler ist das 
Fortkommen des Getraides und der Holzarten. Wenn 
zu Ende des Juli, im ebeneren, niedrigeren Landstriche, nordwärts der 
Alpen, der Roggen und Waizen bereits in der Scheune sind, findet man 
in den höheren Strichen des Alpengebirges, wo noch Getraide gebaut 
wird, diese- zuweilen wenig über die Zeit der Blühte hinausgerückt. 
Im Jahr 1821 fand der Vers, im tavetscher Thale sogar am 22ten 
August den Roggen und die Heckenrosen erst blühend.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.