Full text: Die Erde und ihre Bewohner

42 Zweite Abtheilung. Die Erde, als Welt für sich. 
Flachlande geboren, sich mit einem Male in die große Alpen-Natur 
verseht sieht, oder für den, welcher, zwischen den Bergen erwachsen, 
plötzlich das Meer vor sich hat, der Eindruck größer ist, möchte schwer 
zu entscheiden sein. Eben so wie man über die Riesengebirge bewun¬ 
derungsvoll in den endlosen Himmel hineinstaunt, sieht man vom Ge¬ 
stade der See anbetend in die Unermeßlichkeit. Nicht leicht, wenn auch 
im Allgemeinen der Eindruck derselbe ist, werden im ganzen Jahre zwei 
Tage wiederkehren, an welchen die unendliche See dem aufmerksamen 
Zuschauer gleich sich darstellt. Licht und Farbe, Ruhe und Bewegung, 
Beleuchtung und Schatten wechseln fortwährend. 
§. 12. 
Selbst die Färb« ist sich nicht immer gleich, und wechselt eben so 
sehr an den verschiedenen Stellen, wie die Farbe deS Himmels. Im 
Allgemeinen bemerkt man, daß, wenn man das Meerwasser, in gerin¬ 
gerer Menge, etwa in einem kleinen Gefäße, ansieht, dasselbe nicht nur 
durchsichtig, sondern auch farblos ist; sieht man aber die See als gros¬ 
ses Ganze an, so erscheint sie, vom Lande aus betrachtet, grünlich-blau, 
und weiter vom Lande abwärts bläulich-grün. Bewegt die See sich 
mehr oder minder, so scheint die Farbe deS Himmels oft im Wellen¬ 
schläge, wie im bewegten Spiegel, dem Auge sich darzustellen; doch auch 
bei ganz reinem Himmel und ruhiger See ändert diese nicht selten die 
Farbe, ohne daß man die Ursache davon bemerkt. William Scoresby *), 
ein sehr aufmerksamer Beobachter, giebt über die Farbe des Ozeans 
folgenden Aufschluß: „ Das Wasser des großen Ozeans ist bekanntlich 
eben so durchsichtig und farbenlos, wie das der reinsten Quellen, und 
nur in beträchtlichen Tiefen gesehen, erscheint es unter einer bestimmten 
und unveränderlichen Farbe. Diese Farbe ist gewöhnlich ultra- 
marin-blau, und von dem Blau des Himmels nur durch einen dunk¬ 
lern Anstrich verschieden. Es scheint, daß da, wo diese Farbe sich zeigt, 
die Lichtstralen vom Wasser verschluckt werden, ohne den Meeresgrund 
zu erreichen, und nur die blauen Stralen zurückgehen. Wo aber die 
Tiefe nicht sehr groß ist, da wird die Farbe des Wassers durch die Be¬ 
schaffenheit des Bodens verändert. So giebt z. B. ein feiner, weißer 
Sand, an sehr seichten Stellen, dem Wasser eine grünlich-graue, 
oder eine apfelgrüne Farbe, die desto dunkler wird, je mehr die 
Tiefe zunimmt, oder die Stärke des Lichtes abnimmt; gelber Sand, 
in mäßigen Tiefen, macht eine dunkelgrüne, dunkler Sand, eine 
") William Scoresby's des Jüngern Tagebuch einer Reise auf den 
Wallfischfang, übersetzt von Friedrich Kries. Hamburg, Perches.
	        
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