82 Bilder aus der deutschen Geschichte.
bescheine. Doch dazu kam es nicht! Polen wurde von den Verbündeten in einer drei¬
tägigen Schlacht bei Warschau vollständig besiegt. Im Frieden von Oliva erlangte
das Herzogtum Preußen volle Selbständigkeit (1660).
Die Schlacht bei Fehrbellin (1675). Ludwig XIV. von Frankreich hatte ganz ohne
Grund die Republik Holland angegriffen. Friedrich Wilhelm trat für das befreundete
Land ein. Als er nun mit seinem Heere am Rheine stand, fielen— von Ludwig XI V.
veranlaßt — die Schweden verheerend in Brandenburg ein. Zwar rotteten die Bauern
sich zum Widerstand zusammen, aber den kriegsgeübten schwedischen Truppen waren sie
doch nicht gewachsen. Da eilte der Kurfürst in 16 Tagen vom Rheine herbei. Bei
Fehrbellin holte er die Schweden mit feiner Reiterei ein. Das Fußvolk war noch
zurück. Da kam die Nachricht, daß der Prinz von Hessen-Homburg tollkühn den Kampf
bereits begonnen habe. General Derfflinger, von dem die Sage erzählt, daß er
in feiner Jugend ein Schneidergefelle gewesen fei, begriff das Gefährliche der Lage
und sprach: „Wir müssen ihm beistehen, sonst kriegen wir keinen Mann wieder!" Da
griff der Kurfürst trotz der schwedischen Übermacht in den Kampf ein. Er stürzte sich
mitten in das dichteste Kampfgetümmel. Wunder der Tapferkeit wurden vollbracht und
die Schweden endlich in die Flucht geschlagen. Ganz Pommern wurde nun von den
Schweden befreit und die Stadt Stettin genommen. Was die Tapferkeit gewonnen
hatte, das entriß ihm der Neid. Holland und Frankreich vertrugen sich im Frieden zu
Nymwegen und der Kurfürst, vom Kaiser und den übrigen Bundesgenossen im Stich
gelassen, mußte im Frieden von St. Germain (fang fchermäng) fast alle seine Er¬
oberungen in Pommern an Schweden zurückgeben. Es blieb ihm nur ein schmaler Land¬
strich auf dem rechten Ufer der Oder. Zürnend fügte er sich in die Notwendigkeit und
sprach: „Möge aus meinen Gebeinen einst ein Rächer erstehen!"
Stallineister Kroven. Eine Sage erzählt: In der Schlacht bei Fehrbellin ritt der Kurfürst einen
Schimmel. Dies weckte die Aufmerksamkeit der Schweden. Rings um den Kurfürsten schlugen forwährend
Kugeln ein. Da veranlaßte der Stallmeister Froben den Kurfürsten, sein unruhiges Pferd mit ihm
zu tauschen. Kaum hatte Froben den Schimmel des Kurfürsten bestiegen, als er von einer Kugel durch¬
bohrt zu Boden sank.
31. Deutschland und Ludwig XIV. von Irankreich.
Ludwig XIV. Dieser ehrgeizige und hochstrebende König hatte 72 Jahre lang
den französischen Thron inne. Er hatte das Glück, in allen Zweigen ber Verwaltung
bie tüchtigsten Männer um sich zu haben. Sein weiser Finanzminister Colbert wußte
burch Förderung des Gewerbfleißes, bes Handels unb ber Schiffahrt ben Wohlstand
zu heben unb bie Staatskassen zu füllen. Sein Kriegsminister Louvois schuf zahl¬
reiche wohlgeübte Heere, bie von vortrefflichen Feldherren geführt wurden. Ludwig XIV.
erhob bas Königtum zu unumschränkter Gewalt. Sein Wille galt, sonst feiner. Sein
Wahlfpruch war: „Der Staat bin ich!" Fast feine ganze Regierungszeit ist mit
Kriegen angefüllt, bie ohne berechtigte Ursache, aus reiner Eroberungssucht, unter¬
nommen worben sind. Am meisten hatte unter dieser Kriegsluft Deutschland zu leiben,
bas durch den verderblichen 30jährigen Krieg entvölkert unb geschwächt war. Dabei
fehlte ihm bie Einheit, denn es war in eine Unzahl selbständiger Staatswefen zer¬
splittert. Kaiser Leopold, ber für Deutschlands Ehre hätte eintreten sollen, war zwar
ein gelehrter, kunftberftänbiger Herr, aber kein Kriegsmann.
Wegnahme Straßburgs. Lubwig begnügte sich nicht mit betn, was Deutschlanb
im westfälischen Frieden an Frankreich abgetreten hatte, soubern beanspruchte auch
noch bas, was ehemals mit diesen Gebieten verbunben gewesen war. Um feinem Vor¬
gehen einen Schein bes Rechts zu verleihen, errichtete er in Elsaß unb Lothringen
vier Reunionskammern, bie untersuchen sollten, was ehemals zu ben von Frank¬
reich erworbenen Bistümern, Stabten, Schlössern :c. gehört habe. So würben
600 Stäbte, Dörfer, Flecken :c. beansprucht und mit Solbaten besetzt. Die Krone
aber setzte Lubwig feinem Raubsystem baburch auf, baß er mitten im Frieden,
am 30. September 1681, bie freie Stabt Straßburg besetzte. Die Bürgerschaft wurde
entwaffnet und mußte fnieenb ben Hulbigungsetb leisten. Von ihrem eigenen Bischof
wie von bem Stadtvorstand verraten, von Kaiser und Reich ohne Schutz gelassen,
siigte sich die Bürgerschaft in das Unvermeidliche; denn im Falle eines Widerstandes
drohte Krieg und Vernichtung, während bei freiwilliger Unterwerfung Schutz der
städtischen Rechte und Aufrechthaltung der Religionsfreiheit zu hoffen war. Statt