24 III. Die Markgrafen von Brandenburg aus dem Hause Anhalt.
IIl. Die Markgrafen von Brandenburg
aus dem Hause Anhalt. 1134 —1319.
Wenn man erwägt, ein wie geringes Gebiet die Anhaltiner
als Nordmark überwiesen erhielten, in welch trauriger Verfassung
sich das Ländchen befand, das Jahre lang der Schauplatz von
beständigen Kriegs- und Verheerungs-Zügen gewesen war, und
wenn man dagegen das weite Gebiet überblickt, zu dem sich
unter der Anhaltinischen Herrschaft die Nordmark erweitert hatte,
wenn man beachtet, welch' reich gestaltetes Leben in dieser frisch
aufblühenden Herrschaft sich entwickelte, wenn man endlich die
schwachen Mittel bedenkt, durch welche ein so bedeutendes Gebiet
in verhältnißmäßig kurzer Zeit gewonnen wurde: so muß man
einräumen, daß der heldenmüthige Geist, der in den anhaltini—
schen Fürsten lebendig war, Außerordentliches geleistet hat. Ueber
die Elbe hinaus bis zur Oder, über die Oder bis zur Weichsel
trugen diese Fürsten ihre siegreichen Waffen, fast alles Land von
den böhmischen Gebirgen bis an das Meer war ihnen entweder
unmittelbar zugehörig oder doch von ihnen abhängig. Und wie
suchten sie das Eroberte zu schützen! Hinter dem Krieger folgte
der fromme Priester und lehrte den Heiden das Evaängelium.
Kirchen und Klöster nahmen die Neubekehrten auf.
Einwanderer bauten das verödete Land an; nicht nur die alten
niedergebrannten Dörfer und Städte erhoben sich aus ihren
Trümmern, auch zahlreiche neue Ortschaften wuchsen kräftig em—
por. Denn überall wurde dem frisch aufathmenden neuen Ge—
schlechte volle Freiheit zu seiner Entwicklung, der Gewerbfleiß hob
sich gewaltig, und die Landstraßen und Wasserläufe wurden belebt
durch den Handel, der ungeahnten Wohlstand, selbst Reichthum
in das lange Zeit so hart bedrückte Land brachte. Prüfen wir
die Wahrheit dieser Sätze in der folgenden Geschichtserzählung.
Der erste Graf von Ballenstädt, der uns genannt wird,
hieß Esico; er stammte mütterlicher Seits von der Familie
des Markgrafen Gero her, und an ihn fielen zahlreiche Erbgüter
des damals ausgestorbenen Gero'schen Hauses im Gau Serimunt
(zwischen der untern Saale und Mulde von der Fuhne bis zur
Elbe), im Nord-Thüringer- und Schwabengau und zugleich das
Grafenamt in dem nördlichen Theil des letztgenannten Gaues