Full text: Skandinavisches Reich, Deutschland, Oesterreich, Italien, Griechenland, Russisches Reich (Bd. 2)

VH. Deutschland. 
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wie gering auch der Gebrauch gewesen sein mag, die Schreibekunst, wie 
dies die Runenschrift der verwandten nordischen Stämme beweiset. Auch 
alles klebrige, was wir von ihren Sitten, ihrem Glauben, ihrer Verfassung 
wissen, setzt sie weit über die Urbewohner Amerikas. Mit Staunen rühmen 
Heilighaltung 
Keuschheit 
weibliche Geschlecht bei den Germanen stand, während Herabwürdigung des 
Weibes ein für alle Wilde charakteristischer Zug zu sein scheint. — Ihre 
Kleidung war einfach, dem Klima angemessen, aus leinenen Unterkleidern 
und Pelzröcken bestehend; keine Spur verräth bei den Germanen jene 
ekelhafte Sitte der wilden Völker, den Leib und selbst das Angesicht durch 
Einschnitte, Farben u. s. w. (das Tätowiren) zu verunstalten. Manche 
germanischen Stämme mögen wohl mehr ein Nomadenleben geführt haben, 
die meisten aber hatten feste Wohnungen, wenn auch meist einzeln gelegen 
und zerstreut, wie der Freiheitssinn es liebte; auch von größeren Ansiede- 
iind Svuren vorhanden. — Die 
Germanen 
möchte 
Nachrichten der Römer kennen lernen, war ein einfacher 
Erde 
r 
griechischen 
hoch 
(altnordisch 
gebildeten Alten; wie auch darin, daß wenigstens der Deutsche in seinen 
Göttern nicht, wie es bei Griechen und Römern der Fall war, Vorbilder 
jeglicher niederen Leidenschaft und jedes Lasters fand; dagegen aber von 
der festen Zuversicht auf ein künftiges Dasein belebt war, wo in Walhalla 
die abgeschiedenen Helden bei Jagd, Gefecht und frohem Mahle eine ihren 
Begriffen angemessene Seligkeit genossen. Zu hoch dachte der Deutsche 
von seinen Göttern, um sie, wie Tacituö sagt, unter irgend einer Gestalt 
oder in Gebäuden, von Menschenhänden gemacht, anzubeten; heilige Haine 
waren die Tempel; und wenn man den Deutschen auch nicht von dem 
Vorwurf der Menschenopfer gänzlich freisprechen kann, so muß man doch 
gestehen, daß dies nur selten vorkam und sich auch darin der germanische 
Sinn höchst vortheilhaft vor dem blutigen, schauderhaften Götzendienst der 
Gallier, Briten, Karthager u. a. auszeichnete. Kein Wunder, daß das 
Christenthum von diesem edlen Volke zwar nicht gleich anfangs begierig 
ergriffen (denn die Religion der Väter ist gutgearteten Söhnen stets ein 
Gegenstand der Achtung, und daS Einheimische mit dem Fremden leicht¬ 
sinnig zu vertauschen, ist ernsten Charatteren nicht eigen), vielmehr ernst 
bekämpft wurde, aber nachher, als es erkannt und angenommen worden, 
zur Beschämung der hochgebildeten Griechen und Römer, seine geistige 
Ausbildung vorzüglich bei germanischen Völkern gefunden hat. — Was 
aber den Römern das meiste Erstaunen entlockte, war die einfache und 
doch höchst verständige Verfassung der deutschen Völker. Zum Volke 
gehörten nur Edle und freie Männer; Sklaven, meist wohl Kriegsgefangene, 
obwohl menschlicher behandelt als bei den Römern, blieben auch nach ihrer 
Freilassung Fremdlinge im Volle. Der Unterschied der Edlen und 
der Freien 
kaum 
dem jetzigen Adel 
Bürger
	        
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