Ist gar schwer gewesen. Wie die Muffen in Neidenburg hausten.
3. Ich hatte noch vier!" Ihre Stimme bricht.
Wo die vier geblieben, — das weiß sie nicht.
Irgendwo in einer fremden Stadt
man die Kleinen in Pflege genommen hat.
4. Die Führerin schaut ihr mild ins Gesicht.
„Wer nahm sie an sich?" — Auch das weiß sie nicht.
„Irgendwo!" — und „Irgendwer!"
Und „Ich hatte noch vier!" Und sonst nichts mehr. —
5. Sie ist nicht irre, sie ist nicht krank, —
nur daß sie den Trank des Kummers trank,
daß der Schlaf sie in wandernden Nächten floh!
„Irgendwer!" — und „Irgendwo!" —
6. „Und hatte noch vier!" So schläft sie ein,
und dreimal verblüht der Sonne Schein,
dreimal tröstet die linde Nacht, —
da ist sie erwacht.
7. Und ihr Erstes: „Gebt zu schreiben mir!
Muß grüßen meine Kindlein vier.
Sind mit mir bis Berlin gekommen!
Eine edle Frau hat sie an sich genommen.
8. Baronin von Krafft!" •— Geschwunden der Kummer!
Wußte nun Straße und Stockwerk unb Nummer!
Hat bankbar ber Pflegerin Hanb gesucht. —
Äst gar schwer gewesen, ber Ostpreußen Flucht!
Frieda Jung, „Aus Ostpreußens Leidenstagen". Verlag Ernst Buchheim. Cöthen.
13- Wie die Russen in Neidenburg hausten.
Nach A. Kuhn, „Die Schreckenstage von Neidenburg in Ostpreußen."
Kriegserinnerungen aus dem Jahre 1914.*)
1. Btlb.
Am 22. August 1914 kam eine Kosakenpatrouille von etwa 15 Mann
in bte Stabt Neidenburg. Die ganze beutsche Besatzung bestanb nur noch
aus zwei Jägern unb einem Kürassier, bie wahrscheinlich ihre Truppen ver¬
loren hatten unb beshalb in ber Stabt zurückgeblieben waren. Binnen zehn
Minuten hatten biese brei Martn bte 15 Kosaken vertrieben.
Später kamen 80 Kosaken mit großem Geschrei unb geschwungenen
Lanzen in bie Stabt gesprengt unb machten auf bem Marktplatz halt. Im
Nu waren sämtliche größeren Schaufenster mit Lanzen unb Flintenkolben
eingeschlagen ober burch Schüsse zertrümmert unb mancherlei Wertsachen
unb Eßwaren geraubt. Darauf machten sich bte Kosaken daran, die Schienen
*) Vaterländische Verlagsanstalt Wilhelm Köhler. Minden i. W. Preis 15 Pf.
