8 
Geyer. 
weißer und roter Wein herab. Aus einem größeren Löwenrachen waren dreißig 
Jahre lang im gangen deutschen Reich Blut und Thränen geflossen! 
Hermann Lungwltz. 
5. Salzburger Emigranten ziehen durch Geyer. 
Als im Jahre 1732 der Erzbischof von Salzburg, Leopold Anton, Graf 
von Firmian, die religiöse Unduldsamkeit bis auf das Äußerste trieb, wanderten 
30 000 friedfertige, arbeitsame Protestanten aus und fanden in dem Laude des 
Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen gastliche Aufnahme. Auf verschiedenen 
Wegen zogen die Emigranten ihrer neuen Heimat zu, und so geschah es auch, 
daß ein Trupp Emigranten seinen Weg durch Geyer nahm. Anfangs wollte der 
Kommissar Balzig die Vertriebenen nicht durch unsere Stadt führen, da dieselbe 
sich zu dieser Zeit infolge des Niederganges des Bergbaues in mißlichen Verhält¬ 
nissen befand. Doch, berichtet eine im Besitz des königlich sächsischen Altertums¬ 
vereins befindliche Handschrift, gab sich der damalige Geyersche Stadtrichter Neubert 
selbst die Mühe, am 5. August 1732 nach Zwönitz zu schicken, wo die Ver¬ 
triebenen ihr Nachtlager hätten und sich den Durchzug von ihnen auszubitten. 
Als die Bürger Geyers dieses hörten, wurden sie ungemein erfreut, daß sie das 
Glück genießen sollten, den Salzburgern Gutes zu erweisen. Sie machten sich 
daraufhin für den kommenden Tag bereit, dieselben mit möglicher Liebe aufzu¬ 
nehmen. Die Schule, der Prediger, der ganze Rat und die Bürgerschaft gingen 
ihnen entgegen und empfingen sie mit einer Rede. Sie führten die Vertriebenen 
bei vollem Geläute in die Stadt, wobei dieselben bewegliche Lieder sangen und auf 
dem Markte Betstunde hielten; verlesen wurde Jerem. Kap. 51, welches vou Babels 
Zerstörung handelt. Nach der Beendigung des Gottesdienstes verschwanden gleich¬ 
sam die Emigranten, denn die Einwohner nahmen sie in der größten Geschwindig¬ 
keit mit sich, daß man auch für Geld keinen mehr bekommen konnte. Der Priester 
der Stadt war ein wenig abgetreten, um einen kranken Salzburger mit Trost 
aufzurichten. Er hätte gewiß leer ausgehen müssen, wenn sich nicht der Kom¬ 
missar über ihn erbarmet und ihm zu zwei Personen geholfen hätte. Nach ein- 
genommenem Mittagsmahle fing man wieder an, mit der großen und weitberühmten 
Glocke zu läuten. Darauf versammelten sich unsere Emigranten und man führte 
sie ebenso aus der Stadt, wie man sie eingeholet hatte. Die Abschiedsrede 
gründete sich auf Offenbarung St. Johannis 2, 10. Dies alles schrieb man 
in die Kirchenmatricul, damit es zum ewigen Andenken beibehalten würde. Sonn¬ 
tags darauf sammelte man auch hier die Kollekte, welche man in Sachsen für 
die Salzburger zusammengelegt hatte, sie betrug 19 Thaler 7 Groschen; vorher 
war keine Kollekte so reichlich, so lange Geyer gestanden hat. Die Emigranten 
zogen von hier aus nach Wolkenstein weiter. Hermann Lungwiv. 
6. Evan Evans, der erste Daumwvllspinner Sachsens. 
Unter den Prunkgeräten aus den früheren herzoglichen Schlössern, welche im 
Museum zu Braun schweig aufbewahrt werden, findet sich auch ein schmuckloses 
Spinnrad, das vou Georg Jürgens, einem Braunschweiger, gefertigt sein soll, der 
zur Zeit Luthers das Spinnrad erfand und damit die seit Jahrtausenden zum 
Spinnen dienende Spindel außer Gebrauch setzte. Geyer hätte ebenfalls Ursache, 
eine Maschinenspindel im Rathaus aufzuhängen, denn Evan Evans, ein Geyerscher 
Bürger, war es, der das Spinnrad durch das Einführen des Maschinenspinnens
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.