Full text: Lehrbuch der Geschichte der Völker und Staaten des Alterthums

i8 
geistige Leben der Gesellschaft, nicht bloß den Staatskörper 
sondern auch den Volks- und Menschheitsgeist in der Sphäre 
seiner höher« Intelligenz zu umfassen und darzustellen hat, wi¬ 
drigen Falls die Staatsgeschichte zu einer einseitigen Regenten-, 
Hof- und Standesgeschichte herabstnken würde. 
Mag daher auch in der politischen Weltgeschichte das staats¬ 
bürgerliche Element vorherrschen, theils weil die Bewegungen 
und Bedingungen desselben als ein Ausfluß des konstitutionellen 
Volksgeistes betrachtet werden können, und namentlich die or¬ 
ganische Gesetzgebung eine Prüfungs- und Musterform des in 
der Sphäre der Staatöweisheit sich offenbarenden Menschengei¬ 
stes ist, theils weil zum Behuf des spaltenden Unterrichts die 
Hauptzweige der Kultur als abgesonderte Disziplinen in ein¬ 
zelnen historischen Werken monographisch behandelt und auf¬ 
gestellt werden: so muß dennoch, selbst nach dem Vorgänge 
der Alten, und namentlich des H ero dot, welcher die sinnliche 
und übersinnliche, die politische mit der sittlichen und geistigen 
Weltanschauung — und Darstellung verbindet (vergl. Creu- 
zers historische K.), de? Geschichtschreiber, wofern er 
als Künstler ein wahrhaft getreues Lebensbild der Vergan¬ 
genheit nach den Grundsätzen der historischen Composition ent¬ 
werfen will, in seinen materiellen Entwurf alle diejenigen 
Thätigkeitsäußerungen mit aufnehmen, die in einem gegebe- 
nctt Volk — als moralische Person betrachtet — die Grund¬ 
lagen und Gipfel des. politisch - menschlichen Zusammenlebens 
bilden, aus welchem Grunde dann selbst die Geographie,— 
in ihrer höhern Bedeutung als die physische Basis der politischen 
Existenz — mit in den Vortrag der Geschichte, die eine fort¬ 
laufende Statistik, wie diese eine stillstehende Geschichte ist, auf¬ 
genommen und künstlerisch zur Jndividualisirung des Volksgemähl¬ 
des verwebt werden sollte, wozu schon ebenfalls wieder der Vater 
der Geschichte, Herodyt, Vorbilder und Muster gegeben hat. 
Anmerk. Ueber die Geographie als Grundlage des histor.Stu¬ 
diums, vergl. den zweiten Theil dieses Lehrbuchs, und vorläufig die 
Einleit. Ritters Erdkunde. Berl., 1817, so wie die Ideen 
über Geographie, von dem Vers, von Wahl und Führung. Lpz. 1820. 
§. r?. 
Da die wissenschaftliche Geschichtserzählung eine chronisch- 
und systematisch geordnete Erzählung der politisch - wichtigen 
Wcltbegebenheiten aus dem Kreise der Vergangenheit ist, die 
Vergangenheit aber in entfernterer oder näherer Berührung mit 
der Gegenwart sieht, und entweder langst oder unlängst, oder 
jüngst vergangen ist: so zerfällt dieselbe, der Zeit der Bege¬ 
benheiten nach, in drei Zeit Momente oder Zeitabschnitte,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.