Full text: Lehrbuch der Geschichte der Völker und Staaten des Alterthums

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bindungen der Völker und ihren wechselseitigen Verkehr hatten. 
So natürlich es war, daß in den Gebirgs- und Küsten¬ 
ländern, wo entweder eine Menge Völkerschaften ihre ersten 
Wohnsitze, oder ihren Ab- und Zugang durch Ein- und Aus¬ 
wanderungen hatten, die Völkergebiete mit den Sprachgebieten 
zusammenfielen und eine Menge Mundarten erzeugten: eben 
so begreiflich wird es, wie in dem Innern Asiens, und in den 
unermeßlichen Ebenen desselben die ausgebreitetsten, oder die 
eigentlichen herrschenden Sprachen entstehen mußten, wie¬ 
wohl auch hier wieder die physische Beschaffenheit der Lander 
eine Verschiedenheit in den Sprach-Organismen zur Folge hat¬ 
ten, und namentlich die natürlichen Grenzmarken der Völker 
— die Berge und Flüsse — auch die Grenzen der verschiede¬ 
nen Sprachgebiete werden mußten. Und so herrschte denn auch 
wirklich eine andere Hauptsprache vom Mittelmeer bis zum 
Halys, eine andre vom Halys bis zum Tigris, und wiederum 
eine andere vom Tigris bis zum Indus und Opus. 
An merk. Vergl. insbesondere, wie Ritter in s. meisterhaften 
Erdkunde — Asien — als das Land der physischen und geistigen 
Mannigfaltigkeiten im Gegensatze gegen das einförmigere 
Afrika aufgefaßt und dargestellt hat. 
In dem Innern von Vorder-Asien herrschte die Alt- 
Phrygische Sprache — eine Tochter der Armenischen, die 
mit den von dem Gebirge herabsteigenden Armeniern wahrschein¬ 
lich in die Ebenen herabgewandert war—; auf der Westküste 
— mit Ausnahme der griechischen Kolonie-Städte — die 
Karische, auf der Nord- und Süd-Küste der Halbinsel endlich, 
eine Mannigfaltigkeit von Mundarten, die aus der Niederlas¬ 
sung fremder Völker und ihrer Vermischung mit den Eingebor- 
uen ihren Grund hatte. 
Jenseit des Halys-Stroms, von Kappadozien und Pon- 
tus aus, begann ein neuer und größerer Sprachstamm — der 
Semitische — welcher in seinen Hauptzweigen — dem Sy¬ 
rischen, zwischen dem Mittelmeere und Euphrat, dem Chaldäi- 
schen in Babylon, dem Hebräischen und Samaritanischen in 
Palästina, dem Phönizischen in Tyrus, Sidon und ihren Ko¬ 
lonien, dem Arabischen auf der Halbinsel gleiches Namens — 
sich nach Osten bis zum Tigris und von den kaukasischen Ge¬ 
birgen bis zur Südküste Arabiens ausbreitete, und zum un¬ 
widerleglichen Zeugniß dient, daß diese Mundarten von einem 
uralten Hauptvolke ausgingen, welches sich über ganz West- 
Asien verbreitete, und nach der Oertlichkeit seiner Niederlassung 
bald zum Städtebau, wie in Babylonien, bald zum Ackerbau, 
wie in Syrien, bald, wie in Phönizien, zur Schifffahrt und 
zum Handel überging.
	        
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