52
die Farbe, womit dieselben überzogen waren, die Reinheit der
plastischen Form verwischte, und die Skulptur in das Gebiet
der Mahlerei mit hineinzog.
An merk. Daher und aus dem Volks- und Landes-Charakter
das Urbermaaß und Unmaaß in der religiösen Symbolik der Inder.
§. io.
Aber die Kunst der Inder arbeitete nicht bloß das Innere
lebendiger Felsen unter der Erde zu Heiligthümern aus, son¬
dern formte auch die emporstehende Außenseite derselben zu ar¬
chitektonischen Denkmählern um. Als ein Repräsentant dieser
Gattung von Kunstwerken stehen die Monumente von Ma-
valipuram (oder die sogenannten sieben Pagoden), an der '
Küste von Koromandel, eine Tagereise südlich von Madras,
da. Zwar sind dieselben durch Erdbeben und Ueberschwem-
mungcn nebst einem Theile der Stadt aus ihrer ursprünglichen
imposanten Einheit gerissen und zerstört worden, aber dennoch
erblickt das staunende Auge, wie im Meere hervorragende
Trümmer, so meilenweit ins Land hinein Felsen mit ausge¬
hauenen Grotten, mit Gemächern, Sitzen, Bildwerken von
Göttern, Thieren, Inschriften, und außerdem cyklopisch
über einander gethürmte, d. h. von gerade über einander ge¬
legten Quaderblöckcn aufgebauete Mauern, so daß das Ganze
den Anblick einer wunderbar kolossalen, halbversunkenen Kö-
nigsstadt gewährt. Vergleicht man diese Deukmähler unter
einander, insbesondere die gewölbten, oben in ein spitziges
Dach nach Gothischer Art zulaufende Felsen-Pagoden, mit
den andern in pyramidalischer Form aufsteigenden, so scheint
die Verschiedenheit der Bauart zu einem Schluß auf eine Ver¬
schiedenheit der Zeit ihres Ursprungs zu berechtigen. Da fer¬
ner nur die vorhandenen Skulpturen oder die bildlichen Vor¬
stellungen auf den Mauerwerken sich größtentheils auf den
Kultus des Schiva und Vischnu und auf die in dem Epos
Mahabarat behandelten Mythen beziehen, da überdieß Ptole-
maus VII. i.einegroßeHandelsstadtMaliarphaindiese
Trümmer-Gegend versetzt; da endlich die Trümmer selbst einen
hohen Grad von architektischer Vollendung verrathen, so wird
es höchst wahrscheinlich, daß die Denkmähler von Mavali-
pur am zu den ältesten in Indien (in das Jahr 5000, gleich¬
zeitig mit d. Vedas?) gehören, daß sie die untergegangene
Größe eines Handelsplatzes, einer Hauptreligionsstatte, eines
Königssitzes (des großen Bali), in dem Andenken der Nachwelt
erhalten, womit auch die Indische Sage übereinstimmt, welche
die Anlage derselben in das mythische Zeitalter zurück versetzt.
Und so wahrscheinlich dieser Schluß ist, so wahr ist auch die