Vorwort zur fünflen und sechsten Auflage.
Die Gedichtsammlung bringt auch in den neuen Auflagen zunächst
für Schüler der Mittelstuͤfe, für die Klassen Untertertia bis Sekunda
IIII der Realschulen) den poetischen Stoff, der — abgesehen vom
Drama und von einer Übersetzung der Homerischen Gedichte — im Unter—
richt erforderlich und wünschenswert scheint. Auch für die verschiedenen
Arten epischer Dichtung sowie für die Hauptformen der Lyrik und Di—
daktik bietet die Sammlung mannigfache Beispiele.“) Seit der 5. Auf—
lage ist ein Anhang beigefügt. Zwar ist die Poesie der Befreiungs—
kriege, in denen das nationale Bewußtsein und die starke Frömmigkeit
unsres Volkes einen so herrlichen Ausdruck gefunden, in den Bänden des
Lesebuchs ziemlich reichhaltig vertreten. Da aber die neuen Lehrpläne
von 1901 eine zusammenhängende Behandlung der Dichtung jener Jahre
ausdrücklich für Unter-Sekunda vorschreiben, so schien es angebracht, in
einem „Anhang“ das in den unteren Klassen Gebotene nachzutragen
und zu vervollständigen. Zu den 14 Gedichten, die unsere Sammlung
S. 190ff. von jeher bot, bringen wir daher 16 Gedichte, die schon in
den Teilen für VI—IV gestanden haben, und dazu haben wir noch eine
Anzahl anderer gefügt. Geordnet sind sie nach den Dichtern.“)
An den historischen Unterricht läßt sich auch sonst bei der Behand—
lung einer Reihe von Gedichten unserer Sammlung anknüpfen; um—
gekehrt dürften die Schilderungen aus der Geschichte durch Benutzung
der in dem Buche gegebenen Dichterstellen vielfach Belebung erhalten.
Auf die literargeschichtliche Entwickelung, wie sie durch die zeitliche
Ordnung des Stoffes angedeutet wird, ist ein besonderer Nachdruck nicht
gelegt worden. Immerhin wird das — wenn auch unvollständige —
Bild, das so geboten wird, willkommen sein und vielleicht der Forderung
in den neuen Lehrplänen dienstbar gemacht werden können, daß auf der
Oberstufe die im Lesebuch der unteren und mittleren Klassen dargebotenen
Gedichte neuerer Dichter zusammengestellt, ergänzt und gewürdigt werden
sollen. — In der sechsten Auflage ist überdies unter Nr. 200214
eine weitere Auswahl von Proben neuzeitlicher Dichtung hinzugefügt
worden. Der Anhang zählt daher nunmehr von 215 —251, doch sind
in Klammern die alten Nummern beibehalten.
Endlich ist es nach wie vor ein Wunsch der Herausgeber, daß
manchem Schüler diese Sammlung, die er Jahre hindurch auf der
Schule benutzt hat, lieb und vertraut werden möge und ihm ein guter
Freund bleibe fürs Leben.
Berlin im November 1904.
Die Herausgeber.
) Die kurzen Proben mittelhochdeutscher Texte im Anhang der ersten Abteilung
sind für Schüler berechnet, die nicht in die Oberklassen einer Vollanstalt eintreten,
in erster Linie für Zöglinge der sechsklassigen Realschulen. Ihnen soll so die Sprache
ihrer Vorfahren wenigstens in einigen Beispielen vor Augen geführt werden.
) Aufmerksam machen wir auf das Lesestück im Prosaheft 4 Nr. 9 „Die Poesie
der Befreiungskriege“.