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I. Einleitendes und Allgemeines.
den Principien, mit deren offenem Bekenntnisse sie ihrer Würde ver¬
lustig ging.
Im Kampfe und in der Sorge um das Hienieden wich der
Geist Gottes von ihr. Sie sah bald nichts, als endliche Welt um
sich her. Der Funke, der hinausgeworfen in die geistige Arbeit der
ersten Synoden der Kirche zu den kühnsten und tiefsinnigsten Unter¬
suchungen Veranlassung ward, erlosch. Stürme und Kämpfe, die
Zwecke der Herrschsucht und des Betruges an der Menschenbrust her¬
vorriefen, zu beschwören, wußte sie Rath. Statt zu sagen, Gott ist
ein Geist, sagte sie, Gott ist ein Ungeist, ihm kann nur im Ungeist
und in der Unwahrheit gedient werden. Nicht gerade, daß sie die
schwere Arbeit des Dienstes Gottes im Geiste und in der Wahrheit
sich und den Ihrigen nicht auflegen wollte, um der schweren Arbeit
willen, sondern es entsprach ihrem Zwecke der Gründung eines Kir¬
chen-Staates und des Herrschens über den weltlichen Staat, den
Geist als den Ungeist auszugeben.
Betreffend die Lehre, so erkannte sie dieselbe nicht mehr als die
aus Gottes Geist fließende Erkenntniß, und die im selbigen Geiste
fortgeleitete Entwickelung an, sondern sie setzte an die Stelle dieses
Lebendigen, nur im Geiste und für den Geist Gegenwärtigen, ein
Starres, Todtes. Sie, die Kirche, nicht Gott und das Bewußtsein
der von dessen Geiste geleiteten und in ihm erkennenden Gemeinde,
ist die Quelle und Richtschnur aller Erkenntniß. Den Kultus, das
freie Bekenntniß der Gottgemeinschaft im Geiste der Gemeinde, be¬
lebt durch Gebet, Lehre und die Spendung der Unterpfänder dieser
Gottgemeinschaft an alle Glieder der Gemeinde, verwandelt sie in
eine herzlose Opferhandlung, welche abseits der Gemeinde vorgeht,
und wobei diese nur.die theilnahmlose Zuschauerin ist. Nicht diese
feiert die Gottgemeinschaft, sondern nur ein Dritter, der Priester;
er nur vollzieht das Höchste, dessen der Mensch werth gehalten ist.
Er ist, nachdem der Mittler, dessen Mittlerthum gefeiert wird, da¬
hingegangen und nur der Geist aus ihm zurückgeblieben ist, der
alleinige Mittler mit Gott; ja er ist mehr, als Mittler, denn er
verkündigt nicht unter dem Vorbehalt der innern Weihe des Indivi¬
duums und der göttlichen Genehmhaltung, die Würdigkeit der Ge¬
meinde zur Gottgemeinschaft, sondern in seinem Namen, aus eigener
Machtvollkommenheit. Wie der Priester hier, so ist die Kirche be¬
sonders in ihrem Oberhaupte, nicht mehr Verkündigerin der Befehle