XVII. Ludwig XIV.
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aufgefunden sein. Es ist die erste, die als eine ihres Erfolgs sichere
Gewalt auftritt, als eine Gewalt die ihr Dasein nicht erst inneren
Feinden abkämpfen muß, sondern ruhig in ihrem Lande, im Frieden
mit ihrem Volke sich nur um das Negieren selbst zu kümmern braucht.
Alle europäische Mächte waren bis dahin ohne Unterlaß in Kriege
verwickelt, die ihnen alle Sicherheit und Muße nahmen, oder so sehr
von innern Parteien und Feinden umlagert, daß sie ihre Zeit im
Kampfe für ihr Dasein verwenden mußten. Die Regierung Lud¬
wigs XIV. war die erste, welche sich blos mit ihren eigentlichen
Angelegenheiten zu beschäftigen hatte, sie war die erste in sich abge¬
schlossene und doch fortschreitende, welche keine Reformen zu scheuen
brauchte, weil sie ihrer Zukunft gewiß war. Es giebt in der That
wenige Regierungen, welche so viele Neuerungen geschaffen hätten,
wie sie. Vergleichen wir sie einmal mit der ihr ganz gleichartigen
absoluten Monarchie Philipps II. in Spanien. Sie war noch un¬
umschränkter und doch weit weniger geordnet und ruhig.
Wodurch hatte aber auch Philipp die absolute Gewalt in Spa¬
nien begründen können? Dadurch, daß er alle Thätigkeit des Lan¬
des erstickte, sich allen Verbesserungen verschloß und Spanien in
einen vollkommen stagnirenden Zustand versetzte. Ludwigs Regierung
dagegen entwickelte in jedem Zweige der Neuerungen die außerordent¬
lichste Thätigkeit, begünstigte Künste und Wissenschaften, förderte den
Wohlstand, mit einem Worte, die Civilisation; und hierin liegt
der wahre Grund ihres UebergewichteS, eines Uebergewichtes, daS
sie während des ganzen siebzehnten Jahrhunderts behauptet hat,
und vermöge dessen sie nicht blos für die Herrscher, sondern auch
füt die Völker zum Typus der Regierung geworden ist.