XIX. Friedrich der Große.
(Christian Wilhelm von Dohm.)
Die sechsundvierzigjährige Negierung Königs Friedrich 1!. zer¬
fällt in vier durch die Natur der Begebenheiten sich trennende Zeit¬
abschnitte. Der erste begreift sechszehn Jahre.
Wenige Monate nach Friedrichs Thronbesteigung starb der deut¬
sche Kaiser Karl VI. Mit ihm erlosch der Mannsstamm des Habs¬
burgischen Hauses, und seine älteste Tochter Maria Theresia behaup¬
tete die Erbfolge in sämmtlichen Landen der östreichischen Monarchie.
Gleich vielen andern europäischen Regenten hatte auch der letzte Kö¬
nig von Preußen, Friedrich Wilhelm I., diese Erbfolge als rechtmä¬
ßig anerkannt und zu schützen versprochen. Friedrich II. focht sie nie
an, aber er glaubte den Zeitpunkt gelegen, um einen alten Anspruch
seines Hauses geltend zu machen. Dieser betraf vier schlesische Für-
stenthümer, welche die Krone Böhmen als eröffnetes Lehn wider
Recht, wie man behauptete, eingezogen hatte. Des großen Kur¬
fürst Friedrich Wilhelm Widerspruch war durch Abtretung des Schwi-
bußer Kreises beseitigt; aber dessen Sohn, König Friedrich!., hatte
diesen wieder zurückgegeben. Deshalb hielt Friedrich II. sich jetzt
berechtigt, die Abtretung jenes Theils von Schlesien zu verlangen.
Er versprach dafür Maria Theresia gegen jeden andern Angriff bei-
zustehen. Die junge Königin weigerte das Verlangte, und nun be¬
schloß Friedrich Krieg gegen Oestreich. Nur zwei erfahrenen und
staatsklugen Männern vertraute er jenen Entwurf, dem Feldmarschall
Grafen Schwerin und dem Staatsminister von Podewils. Beide
fanden diesen Angriff zu gewagt und widerriethen ihn sehr. Aber