XIX. Friedrich der Große.
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Provinzen in Westphalen an den König wurde nicht ausbednngen,
vielmehr suchte der englische Hof sie an Oestreich zu überliefern. Ja
der bisherige Alliirte ging so weit, daß er dem Wiener Hofe an¬
bot, Friedrich zur Abtretung Schlesiens nöthigen zu wollen; allein
Kaunitz war zu stolz und zu mißtrauisch, um sich darauf einzulassen.
Eben so handelte das neue britische Ministerium an Rußland. Kai¬
ser Peter Hl. war enthusiastischer Verehrer und Freund Friedrichs;
er trat auf dessen Seite. Der englische Hos wandte Alles an, ihn
von diesem Schritt und der unentgeldlichen Rückgabe des Königreichs
Preußen abzuhalten. Ties schmerzte den König dieses Betragen und
sein ganzes folgendes Leben hindurch blieb ihm davon der Eindruck.
Sehr wünschte Friedrich dagegen dem natürlichen Alliirten seines
Staats, Frankreich, sich wieder zu nähern; aber seine Bemühungen
waren vergebens. Vielmehr wurde der Bund zwischen den Häusern
Habsburg und Bourbon bald durch Vermählungen östreichischer
Prinzessinnen mit dem französischen Thronerben und dem Könige bei¬
der Sicilien noch fester geknüpft. Dagegen gelang es Friedrich,
auch nach Peters III. Tode mit der russischen Kaiserin, Katharina II.,
einen Allianztraetat zu schließen, durch welchem beide Mächte sich
gegenseitig ihre Besitzungen gewährten, und, auf den Fall des An¬
griffs, Beistand durch Truppen oder Geld zusicherten. Friedrich er¬
füllte treu die Verpflichtungen dieser Verbindung; er beförderte thä¬
tig die Unternehmungen der Bundesgenossin gegen die Pforte und
ihr Uebergewicht in Polen, obgleich ihm nicht entging, daß zu großer
Anwachs der russischen Macht dem Interesse seines Staats nicht ge¬
mäß sei. Die Besorgniß, welche Oestreich über diesen Zuwachs em¬
pfand, brachte einige Annäherung zwischen dieser Macht und Fried¬
rich hervor. Eine zweimalige persönliche Zusammenkunft mit Kaiser
Joseph II., zu Neisse in Schlesien und zu Neustadt in Mähren, be¬
förderte diese Annäherung. Friedrich that Alles, um einen neuen
Krieg abzuwenden, in welchen er selbst verwickelt werden konnte,
durch den er in der wohlthätigen Wiederherstellung seiner Lande un¬
angenehm unterbrochen wäre, und dessen mögliche Folgen für ihn
nicht zu berechnen waren. Um die östreichische Eifersucht über Ru߬
lands Fortschritte zu beruhigen, entstand der Gedanke, einem wehr¬
losen Nachbar, der Republik Polen, rechtmäßige Besitzungen wegzu¬
nehmen, und diese unter den drei Mächten zu vertheilen. Friedrich
erhielt dadurch sehr bedeutenden Zuwachs. Er erwarb den Theil