190
das Frankenreich (Frankreich). Auch manche rechtsrheinische Völker waren ihm
untertan, oder mit ihm verbündet, so daß der König der Franken als der mäch¬
tigste unter den deutschen Stammesfürsten galt. Die größte Ausdehnung er¬
langte das Frankenreich unter Pipins Sohn Karl (768—814).
Ein Zeitgenosse, namens Einhard, erzählt von der Persönlichkeit dieses
gewaltigen Herrschers folgendes: Karl besaß einen kräftigen Körper und eine
hohe Gestalt; seine Körperlänge maß siebenmal die seines eigenen Fußes. Die
Augen waren groß und lebhaft; schön umrahmten die vollen Haare sein hei¬
teres und fröhliches Gesicht. Das alles verlieh seiner Gestalt, er mochte stehen
oder sitzen, eine achtunggebietende Würde. Sein Schritt war fest und seine
Haltung männlich. Nach Sitte der Franken liebte er das Reiten iinb Jagen und
pflegte auch bei seinen Söhnen diese Kunst. Die Töchter aber sollten zu häus¬
lichen Arbeiten angehalten werden und fleißig mit Rocken und Spindel umgehen
lernen, auf daß sie nicht vor Untätigkeit verkämen. Im Schwimmen war er so
gewandt, daß es ihm niemand darin zuvortat. Er kleidete sich schlicht nach ger-
manischer Art; fremdländische Gewänder verschmähte er, wenn sie auch noch so
schön waren.
Die Wissenschaften pflegte er eifrig und erwies ihren Lehrern hohe
Ehre. Er ließ alte Sagen und Volkslieder aufschreiben, damit sie der Nachwelt
erhalten würden. Der christlichen Religion war er von ganzem Herzen zuge¬
tan. Zu Aachen, seiner Lieblingsstadt, errichtete er eine herrliche Kirche, zu deren
Bau er Säulen und Marmor aus Rom und Ravenna kommen ließ. So sparsam
er in seinem Haushalt war, so gerne unterstützte er die Armen mit milden
Gaben.
Karl im Kampf mit den Bayern und Sachsen. Als Karl iin Jahre 768 die
Regierung des Frankenreiches antrat, stellte er sich die hohe Aufgabe, alle ger¬
manischen Stämme zu eine m Reiche zu vereinen und sie durch das Christen¬
tum zu höherer Gesittung emporzuführen. Im siidlichen Bayern trotzte der
Vayernherzog Tassilo dem fränkischen König; allein Karl nahm ihm die
Herzogswürde und setzte in Bayern Grafen ein, die in seinem Namen dort
regierten.
Schwerer aber und langwieriger waren die Kämpfe gegen die S a ch s e n , die
damals zwischen Ems und Elbe wohnten. In diesem Volke lebte noch der Frei¬
heitsdrang der Vorfahren mächtig fort; auch hielten sie treu an der Verehrimg
ihrer alten Gottheiten fest. Über dreißig J-ahre hatte Karl mit den schwertkundigen
Sachsen zu kämpfen. So oft er sie besiegte und sie zwang, dem Heidentum zu ent¬
sagen, immer wieder lehnten sie sich gegen ihn auf und vertrieben oder töteten die
christlichen Priester. Dann brachen sie unter ihrem tapferen Herzog Witte-
k i n d in die fränkischen Grenzlande ein und verbreiteten durch Brand und Plün¬
derung Schrecken unter den Bewohnern. Furchtbar traf Karls Strafgericht die
Empörer. Nach siegreichen Kämpfen ließ er einst über 4000 gefangene Sachsen bei
Verden an der Aller hinrichten. Ilm den Widerstand des Volkes dauernd zu
brechen, gebot er, daß etwa 10 000 sächsische Fannlien ihre Heimat verließen und
sich in verschiedenen Teilen des Frankenreiches ansiedelten. So entstanden im
fränkischen Teile Badens die Orte Lützelsachsen, Hohensachsen, Großsachsen,
Sachsenhausen bei Wertheim und Sachsenflur bei Borberg. Im Sachsenland
aber wurden viele Franken angesiedelt (Name Frankenhausen in Thüringen).
Nun gab auch der Herzog Wittekind seinen Widerstand auf. Er ließ sich taufen