III. Die deutsche Reformation. ^
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mit seinem süßen Erlöser von der Welt nichts zu hoffen noch zu fürch¬
ten habe. Er selbst hatte die TheseS und ihre Vertheidigung mit
einem Schreiben im festen Bewußtsein seines Rechts, aber in unbe¬
dingter Ergebung für seine Person, an Leo X. gesandt. Er erhielt
(7. Aug. J518) eine Citation nach Rom, aber die Universität inter-
eedirte, und der Churfürst von Sachsen erlangte vom Papste, daß
Luther in Augsburg vor den Cardinallcgaten Cajetanus (Tho¬
mas de Vio v. Gaeta) gestellt würde. Dieser war beauftragt, den
kühnen Mönch entweder als Ketzer zu verhaften, oder den Reuigen
und Widerrufenden zu absolviren. Luther erschien (Oet. 1518) mit
des Kaisers und der Stadt Augsburg sicherm Geleit. Cajetanus,
ein gelehrter, in Sitten strenger Scholastiker, suchte den Ruhm einer
väterlichen Belehrung oder gelehrten Widerlegung, und erst als bei¬
des vergeblich war, erschüttert von dieser deutschen Bestie mit tief¬
sinnigen Augen und wunderlichen Speeulationen im Kopfe, entschloß
er sich seiner Vollmacht gemäß zu handeln. Aber Luther reiste am
20. Oet. heimlich ab, nachdem er Appellation von dem übel unter¬
richteten an den besser zu unterrichtenden Papst eingelegt hatte, die
er bald nachher immer hoffnungsloser auf Gerechtigkeit von Rom,
als eine Bulle die angefochtene Lehre vom Ablaß feierlich bestätigt
hatte, in Appellation an ein allgemeines Concilium verwandelte.
Cajetans Schreiben an den Kurfürsten forderte Luthers Auslie¬
ferung nach Rom, oder doch seine Vertreibung. Luther rechtfertigte
vor seinem Landesherrn sein Verfahren zu Augsburg, sein Recht nur
der Wahrheit zu weichen, bat ihn, nicht ein Pilatus an ihm zu
werden, und erklärte sich bereit ins Elend zu wandern. Aber Frie¬
drich der Weise selbst, ein kirchlich frommer Fürst, der einst zum
heiligen Grabe gewallfahrtet war und viel Geld für Reliquien aus¬
gab, hatte den Ablaßpredigern seine Lande verschlossen. Er fühlte
sich immer mehr angezogen durch das Evangelische in Luthers Schrif¬
ten, doch ohne entschiedene Neigung für ihn und in geistlichen Din¬
gen mißtrauisch gegen eigne Einsicht, war er nur jedem Gewaltstreiche
abgeneigt und fürchtete sein geliebtes Wittenberg durch die Aufopfe¬
rung des gefeierten Lehrers zu verletzen. Daher seine Antwort, daß
Luthers Forderung, vor ein unparteiisch Gericht in deutschen Landen
gestellt zu werden, ihm billig dünke. Der Papst war dem Kurfür¬
sten verpflichtet und wollte ihn verpflichten, damit die deutsche Krone
mcht an des Kaisers Enkel Karl von Spanien, und somit noch ein-