Nordamerikanische Freiheitskrieg. 95
der Gewalt entgegen zu stellen sei. Nicht lange, so kam es zu einem
Zusammenstoß, der zur Folge hatte, daß sich die Colonien für einen
vom Mutterlande unabhängigen Staat erklärten, an dessen Spitze
sie einen reichen Pflanzer, Namens Washington sspr. Wäschingten),
wählten, der schon im frühern Kriege gegen Frankreich Gaben
seines Feldherrntalents gezeigt hatte. Vier Jahre lang wurde
der Kampf mit England ohne Entscheidung geführt. Da mit einem
Male erregte eine glänzende Waffenthat der amerikanischen Streiter
die größte Theilnahme der übrigen europäischen Völker, namentlich
Frankreichs, und viele für die Freiheit begeisterte Jünglinge ström¬
ten zu ihrer Hülse hinüber. Jetzt wollte England nachgeben und
bot den Frieden an; jedoch vergebens. Der Congreß sandte den
berühmten Benjamin Franklin*), welcher bisher durch Volks¬
schriften den Patriotismus seiner Landsleute angefeuert hatte, als
Gesandten nach Frankreich, und dieser schloß mit demselben 1778
ein Bündniß, dem auch Spanien und Holland beitraten. Dies
lenkte den Kampf auf's Meer. Von allen Gefechten, die in diesem
Kriege vorfielen, ist besonders die Belagerung von Gibraltar
merkwürdig. Diese Felsenfestung war schon seit dem spanischen
Erbsolgekrieg in den Händen der Engländer, und die Franzosen
wollten sic ihnen entreißen. Zu dem Ende bauten sie schwimmende
Batterien, mit denen sie sich den ungeheuren Felsenwänden näherten.
Ter englische Kommandat Elliot aber warf gegen sie über 4000
glühenae, Kugeln, wodurch sie alle in Brand gesteckt wurden,
und die Franzosen froh sein mußten, mit Hülfe der Engländer
noch ihr Leben zu retten. — In Nordamerika jedoch schwankte
noch lange der Kampf, bis es endlich Washington gelang, den
englischen General mit seinen Soldaten einzuschließen und ihn
gefangen zu nehmen. Da England keine neue Truppen mehr
über's Meer zu senden vermochte, so mußte es sich zum Frieden
verstehen, der auch 1783 zu Stande kam, und in welchem es
die Unabhängigkeit der nordamerikanischen Staaten anerkannte,
*) Er war der Sohn eines Seifensieders, erlernte die Buchdrucker-
kunst und erweiterte seine Kenntnisse meist in den Stunden der Nacht
durch Lesen nützlicher Bücher. Nach einiger Zeit trat er selbst mit einigen
Schriften hervor, die großen Beifall fanden. Auch erfand er durch tiefes
Nachdenken und gründliches Forschen den Blitzableiter (1749). Als er
nach Paris kam, war Alles in Bewegung, um den großen Mann zu
sehen, und ein französischer Gelehrter'sagte von ihm: ,Dem Himmel
entriß er den Blitz und dem Tyrannen das Scepter?' Franklin erlebte
noch den Tag der Freiheit seines Volkes und starb hochgeachtet und be¬
trauert 1790. '