Full text: Weltgeschichte (Cursus 1)

Pariser Bluthochzeit. 
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21. Die Pariser Bluthochzeit (1572)* 
■ Schon früh hatte die Reformation viele Ltnhänger in Frank¬ 
reich gefunden; sie wurden aber stets auf das härteste verfolgt 
und unterdrückt. Im Jabre 1560 kam Karl IX. auf den 
französischen Thron. Da er noch ein Kind war, so führte für 
ihn seine ränkesüchtige Mutter Katharina von Medieis die 
Regierung. Damals gab es in Frankreich zwei politische Parteien, 
welche sich um die Herrschaft stritten: die der Guisen und die 
der Bourbonen. Erstere waren streng katholisch, letztere hielten 
es mit den Protestanten, oder, wie man sie hier auch nannte, den 
Hugenotten. Diesen Namen hatten sie daher, weil sie nur 
des Nachts ihre Versammlungen halten durften, und des Nachts, 
so hieß es, ging der alte König Hugo als Gespenst durch das 
Reich. Zwar haßte Katharina die Hugenotten; dennoch gab sie 
ihnen aus politischen Rücksichten das Edikt von St. Germain 
(1562), wodurch ihnen wenigstens eine beschränkte Religions¬ 
freiheit zugesichert wurde. Trotz dem wurden sie aber immerfort 
verfolgt, ja ihre Bethäuser sogar während des Gottesdienstes in 
Brand gesteckt und die Fliehenden ermordet. Dies führte einen 
achtjährigen Krieg zwischen beiden Parteien herbei. Alle Greuel¬ 
thaten aber, die während dieses Krieges geschahen, wurden weit 
übertroffen von der, die bald nach dem Friedensschluß desselben 
stattfand. 
Um die Parteien zu versöhnen, beschloß Katharina, ihre 
jüngste Tochter Margaretha, welche eine Katholikin war, zu ver¬ 
mählen mit dem Könige Heinrich von Navarra, einem Bour¬ 
bon und Protestanten. Zur Hochzeit, die am 18. August 1572 
stattfinden sollte, waren die vornehmsten Häupter beider Parteien 
aus ganz Frankreich eingeladen; denn Katharina hatte sich vor¬ 
genommen, alle Hugenotten bei dieser Gelegenheit umbringen zu 
lassen. Schon während der Zubereitung zur Hochzeit starb die 
Mutter des Bräutigams, Jeanne dÄlbert. Gleich darauf ward 
der Admiral Coligny beim Nachhausegehen vom Schlosse von 
der Kugel eines Meuchelmörders verwundet. Unter allgemeiner 
Bestürzung hierüber kam die Nacht vom 23. zum 24. August 
heran. Düster lagerte sie sich über Paris, und der König stand mit 
bleichem, von Angst erfülltem Gesicht am Fenster, auf das ver¬ 
abredete Mordzeichen harrend. Wie ein böser Geist stand seine 
Mutter neben ihm, seine schwankenden Vorsätze immer von Neuem 
anstachelnd. Da plötzlich erklang das verabredete Zeichen vom
	        
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