6 Bonifacius, der Apostel der Deutschen.
Alsobald bemächtigte sich Pipin des Thrones und führte die Herr¬
schaft über die Franken. Hierüber sahen die übrigen Großen oft
neidisch ans ihn, besonders weil er so klein und unbedeutend war.
Das wollte er ihnen entgelten, und so ließ er einst einen Löwen
mit einem Stier kämpfen und forderte die Großen auf, den Stier
aus des Löwen Rachen zu befreien. Keiner aber von ihnen wagte
es. Sogleich sprang Pipin mit dem Schwerte auf den Löwen zu
und hieb ihm den Kopf herunter, worauf er den prahlerischen vor¬
nehmen Herren einen verächtlichen Blick zuwarf, die fortan allen
Respect vor ihm hatten. — Aus Dankbarkeit dafür, daß Zacharias
dem Pipin zur Königswürve behülflich gewesen war, schenkte dieser
ihm ein großes Ländergebiet, aus welchem der heutige Kirchen¬
staat entstanden ist.
3. Bonifacius, der Apostel der Deutschen (683—755).
Die ersten Verkündiger des Evangeliums in Deutschland
waren besonders Mönche aus England und Irland, wie: Fridolin,
Columban, Gallus, Willibrord, Severin und Emmeran. Vor¬
züglich thätig aber für die Ausbreitung desselben hier war Boni¬
facius, welcher auch deshalb den Namen „Apostel der Deutschen"
führt.
Bonifacius, ursprünglich Winfried genannt, war 683 zu
Kirton in England geboren. Seine vornehmen Eltern bestimmten
ihn für einen hohen weltlichen Beruf; er aber mochte davon
nichts wissen, und wünschte lieber groß im Reiche Gottes zu sein.
Deshalb ließ er nicht nach, bis ihm seine Eltern seinen Herzens¬
drang erfüllten und ihm in ein Kloster zu treten gestatteten.
Hier ward er Mönch, zog bald wegen seiner Frömmigkeit und
Gelehrsamkeit Aller Augen auf sich und erwarb sich auch sonst
mancherlei Auszeichnungen. Keinesweges befriedigten ihn aber diese,
sondern unwiderstehlich zog es ihn hin zu den Deutschen, von
denen immer noch ein großer Theil in tiefer Nacht des Heiden¬
thums schmachtete. Zuletzt konnte er diesem Zuge nicht weiter
widerstehen: er machte sich daher 716 auf und schiffte hinüber
nach dem Gebiet der Friesen im heutigen Holland. Wohl durfte
er erwarten, daß ihn namentlich der König Radbod dieses
Volkes heilsbegierig aufnehmen würde. Dieser war aber ein
roher Mensch und verweigerte ihm die Predigt des Evangeliums.
Traurig kehrte daher Bonifacius wieder nach seiner Heimath zurück,
bezog still seine Klosterzelle und schaute von dort oft sehnsüchtig