Full text: Deutsche Geschichte (Cursus 2)

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Johann Huß. 
frei vorzutragen, ward er trotz der Gegenvorstellungen des Kaisers 
in den Kerker geworfen. Lange mußte er in demselben schmachten. 
Der Gottesmann aber verzagte nicht, und tröstete sogar von hier 
aus mehrere seiner um ihn bekümmerten Freunde. Endlich wurde 
er zu seiner Vertheidigung vor's Concil gefordert. Offen bekannte 
er sich hier als den Verfasser der ihm vorgelegten Schriften. Da 
aber über ihn und seine Sache in der Versammlung ein großer 
Lärm entstand, >vard er nach dem Gefängniß zurückgeführt. Kurz 
darauf erfolgte sein zweites Verhör, in welchem man ihn auf¬ 
forderte, seine Irrthümer abzuschwören. Muthig verweigerte dies 
der Glaubensmann, und so ward er abermals ins Gefängniß 
zurückgeführt. Hier drang man noch einmal in ihn, doch das, 
was er geschrieben und gesprochen habe, zu widerrufen — aber 
vergebens. Da ward das Todesurtheil über ihn ausgesprochen 
und er vor Vollziehung desselben noch einmal in die Versamm¬ 
lung geführt. Kaiser mit den Reichsfürsten saß auf 
der einen Seite, die geistlicben Herrn auf der andern, Huß selbst 
ward auf einen erhöhten Platz gestellt. Hierauf trat der Bischof 
von Lodi auf und hielt eine Predigt, während welcher Huß auf 
seinen Knieen lag und betete. Alsdann las man laut die ihm 
schuldgegebenen Ketzereien vor, die viele Unwahrheilen enthielten 
und über die Huß sich nicht einmal vertheidigen durfte. Nachdem 
legte man ihm seine vollständige Priesterkleidung an, zog sie 
ihm wieder Stück für Stück unter gräßlichen Flüchen aus, that 
ihm dann einen Sack an und setzte ihm einen papiernen Hut 
auf, der mit drei gemalten Teufeln und der Umschrift versehen 
war: „Dieser ist ein Erzketzer!" So ward Huß zum Richtplatze 
auf eine Rheininsel geführt, um dort verbrannt zu werden. Laut 
betete der Märtyrer hier: „Herr Jesu, ich leide demüthig diesen 
grausamen Tod um deinetwillen, ich bitte dich, allen meinen 
Feinden zu vergeben." Hierauf nahm ihn der Henker, führte ihn 
auf den bereits errichteten Scheiterhaufen, band ihn an einen 
Pfahl und zündete den Holzstoß an. Während die Flammen 
emporschlugen, hörte man deutlich heraus Huß beten: „Christe, 
du Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich meiner!" — bis 
seine Stimme vom Rauche erstickte. Seine Asche ward in den 
Rheinstrom geworfen, damit auch nicht ein Stäubchen von ihm 
übrig bliebe. Im folgenden Jahre traf dasselbe Schicksal Hussens 
Freund Hieronymus von Prag. 
Ueber diese Hinrichtung des Huß waren seine Anhänger in Böh¬ 
men höchst aufgebracht, und so entstand der furchtbare Hussiten-
	        
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