Full text: Die deutsche Geschichte

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10. Nimmer mit dem Schmuck der Bräute 
Kränzt' ich mir das duft'ge Haar, 
Seit ich deinem Dienst mich weihte 
An dem traurigen Altar. 
Meine Jugend war nur Weinen, 
Und ich kannte nur den Schmerz: 
Jede herbe Not der Meinen 
Schlug an mein empfindend Herz. 
11. Fröhlich seh' ich die Gespielen, 
Alles um mich lebt und liebt 
In der Jugend Lustgefühlen; 
Mir nur ist das Herz getrübt. 
Mir erscheint der Lenz vergebens, 
Der die Erde festlich schmückt; 
Wer erfreute sich des Lebens, 
Der in seine Tiefen blickt? 
12. Selig preis' ich Polyxenen 
In des Herzens trunknem Wahn; 
Denn den Besten der Hellenen 
Hofft sie bräutlich zu umfahn. 
Stolz ist ihre Brust gehoben, 
Ihre Wonne faßt sie kaum, 
Nicht euch Himmlische dort oben 
Neidet sie in ihrem Traum. 
13. Und auch ich hab' ihn gesehen, 
Den das Herz verlangend wählt; 
Seine schönen Blicke flehen, 
Von der Liebe Glut beseelt. 
Gerne möcht' ich mit dem Gatten 
In die heim'sche Wohnung ziehn; 
Doch es tritt ein styg'scher Schatten 
Nächtlich zwischen mich und ihn. 
14. Ihre bleichen Larven alle 
Sendet mir Proserpina; 
Wo ich wandre, wo ich walle, 
Stehen mir die Geister da. 
In der Jugend frohe Spiele 
Drängen sie sich grausend ein, 
Ein entsetzliches Gewühle! 
Nimmer kann ich fröhlich sein. 
15. Und den Mordstahl seh' ich blinken 
Und das Mörderauge glühn; 
Nicht zur Rechten, nicht zur Linken 
Kann ich vor dem Schrecknis sliehn. 
Nicht die Blicke darf ich wenden; 
Wissend, schauend, unverwandt 
Muß ich mein Geschick vollenden, 
Fallend in dem fremden Land." — 
16. Und noch hallen ihre Worte — 
Horch! da dringt verworrner Ton 
Fernher aus des Tempels Pforte; 
Tot lag Thetis' großer Sohn! 
Eris schüttelt ihre Schlangen, 
Alle Götter sliehn davon. 
Und des Donners Wolken hangen 
Schwer herab auf Ilion. 
9. Das ötegesfest. 
1. Priams Feste war gesunken, 
H^roja lag in Schutt und Staub, 
Und die Griechen, siegestrunken, 
Ech beladen mit dem Raub, 
^aßen auf den hohen Schiffen 
Jängs des Hellespontos Strand, 
Uuf der frohen Fahrt begriffen 
Rach dem schönen Griechenland. 
Stimmet an die frohen Lieder! 
Denn dem väterlichen Herd 
Sind die Schiffe zugekehrt, 
Und zur Heimat geht es wieder. 
1803. 
2. Und in langen Reihen, klagend, 
Saß der Trojerinnen Schar, 
Schmerzvoll an die Brüste schlagend, 
Bleich, mit aufgelöstem Haar. 
In das wilde Fest der Freuden 
Mischten sie den Wehgesang, 
Weinend um das eigne Leiden 
In des Reiches Untergang. 
Lebe wohl, geliebter Boden! 
Von der süßen Heimat fern 
Folgen wir dem fremden Herrn. 
Ach, wie glücklich sind die Toten!
	        
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