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trugen sie nicht länger Bedenken, Karl auf ihren Thron zu erheben;
dagegen gelobte Karl, als Kaiser ohne der Kurfürsten Einwilligung kein
Bündnis; zu schließen noch einen Krieg zu führen, kein fremdes Kriegs¬
volk ins Reich zu bringen, die kaiserlichen Aemter nur mit Deutschen
zu besetzen, sich nur der deutschen oder lateinischen Sprache zu bedienen,
die meiste Zeit im Reiche zuzubringen re. Karl V., kaum 20 Jahr
alt (geb. zu Gent 1500), war nicht nur der bei weitem mächtigste
Herrscher seiner Zeit, in dessen Landen die Sonne nicht auf- noch unter¬
ging, sondern auch ein Fürst hohen und starken Geistes, von großer
Besonnenheit, Hinsicht, Klarheit und Klugheit, unermüdlicher Thätigkeit
und ritterlicher Tapferkeit, nicht ohne Edelmut!) und Redlichkeit. In
ihm war niederländische, spanische und deutsche Art und Nation ver¬
einigt.' So weit ausgedehnte und so sehr verschiedenartige Länder auch
nur mit einigem Erfolge zu regieren, war schon die Aufgabe eines
großen Mannes, und nun waren alle diese Länder in gewaltiger Gäh-
rung, und Franz I., als er nicht deutscher Kaiser hatte werden können,
wollte sich dafür in Italien entschädigen. Schon längere Zeit hatten
sich die Franzosen in Italien mehr herausgenommen, als die Deutschen
hätten erlauben dürfen, sich namentlich des Herzogthums Mailand be¬
mächtigt, und trachteten nach Größerem; überhaupt fingen die Franzosen
jetzt an, sich Deutschlands Schwäche zu Nutze zu machen und sie zu
fördern. Aber die schwerste Arbeit erwartete ihn in Deutschland selbst;
er begann sie mit dem berühmten Reichstage zu Worms, den er
bei seiner Krönung zu Aachen schon nach zwei Monaten zu halten
beschloß.
§. 103. Luther auf dem Reichstage zu Worms.
Am Dreikönigstage 1521 wurde der Reichstag zu Worms eröffnet.
So glänzend wie dieser war selten einer gewesen. Alle Reichsfürsten
und die Gesandten der zahlreichen Neichsstände waren versammelt, und
boten allen ihren Glanz auf; auf seinem Throne ragte hervor der hoff¬
nungsreiche Kaiserjüngling. Die Deutschen fühlten es wieder, daß sie
ein Reich bildeten. Wichtige Dinge kamen zur Verhandlung; vorzüglich
sollten die Religionsstreitigkeiten zur Entscheidung gebracht werden. Der
Papst drang darauf, daß der freche Ketzer das Schicksal des Johann
Hiiß erführe. Allein der Kurfürst von Sachsen verlangte, daß Luther
erst selbst gehört werde, und das hielt auch der Kaiser für billig. Er
lud ihn vor, und gab ihm freies Geleit. Luther folgte; so sehr seine
Freunde ihm abriethen, er wollte hin, und wären auch in Worms so
viele Teufel als Ziegel auf den Dächern. Seine ganze Reise war ein
Triumphzug; Adel und Volk bezeugten ihm Beifall. So großartig
war kaum des Kaisers Einzug in Worms gewesen. Am 17. April
kam er dort an; am folgenden Tage wurde er in die Reichsversamm-
lung geführt. Da stand der arme Mönch, der wie noch kein Kaiser
den; päpstlichen Despotismus Trotz geboten, inmitten der Fürsten und
Herren vor der kaiserlichen Majestät, aber er sah, wie ein Stephanus,
über sich die Herrlichkeit des Allerhöchsten, und war bereit, für die
Bender: deutsche Geschichte. 6