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gab sich daher auf den palatinischen, Remus auf den
aventinischen Hügel, und beide harrten hier der Ent¬
scheidung. Remus erblickte zuerst 6 Geier, spater flogen
an Romulus 12 vorüber. Beide legten dieß zu ihren
Gunsten aus; von Worten kam es zum Kampfe, und
Remus wurde getödtet. Nach einer anderen Sage soll
Remus, um den Bruder zu verhöhnen, über den niedri¬
gen Wall gesprungen und dafür von einem Anhänger
des Nomulus, oder von diesem selbst erschlagen worden
sein. Die Stadt erhielt nun den Namen Rom, und
Romulus regierte von 754—717. Er vergrößerte das
Gebiet durch Vereinigung mit den Sabinern, die ibn
bekriegt hatten. Zur Unterstützung des Königs in der
Staatsverwaltung setzte er einen aus den angesehensten
Männern erwählten Senat, Anfangs von 100, nach der
Vereinigung mit den Sabinern von 200 Mitgliedern
(patres — Väter) ein, deren Nachkommen Patricier
hießen und sich lange Zeit allein im Besitze des vollen
Bürgerrechts und der Verwaltung des Staats befanden,
während die Plebejer, die sich hauptsächlich aus den nach
Rom verpflanzten Einwohnern eroberter Orte gebildet
haben mögen, das von ihnen beherrschte Volk waren.
Romulus verschwand bei einer Heerscbau während eines
heftigen Gewitters. Zur Beruhigung des Volkes wurde dieß
so gedeutet, als ob ihn die Götter zu sich erhoben hätten,
und er wurde seitdem unter dem Namen Quirinus als ein
Gott verehrt. Wahrscheinlich hatten ihn die Senatoren, denen
die Gewalt des Königs lästig zu sein anfing, durch heimlichen
Mord beseitigt. Abwechselnd besorgten sie hierauf ein Jahr
" lang die Regierung, bis der Unwille des Volks sie zur Wahl
eines neuen Königs nöthigte, die auf Numa Pompilius aus
dem Stamme der Sabiner, einen durch Frömmigkeit und
Weisheit ausgezeichneten Mann, fiel.
Rom, die berühmteste Stadt des Alterthums und Jahr¬
hunderte lang die Hauptstadt eines der größten und mächtig¬
sten Reiche, die jemals bestanden haben, 5 Stunden vom
Meere am Tiberflusse im mittleren Italien gelegen, begann
schon bald nach der Gründung sein Gebiet über die benach-