Wilhelm Müller.
[III] 117
Nehmt, Kinder, nehmt! es ist kein Traum,
Es kommt aus Gottes Haus.
8. Und wenn du nun ganz fertig bist,
Hast keine Blume mehr,
Dann gehst du wieder ohne Frist,
Kein Abschied wird dir schwer,
9. Und rufst dem Bruder Sommer zu:
Bringst du die Früchte her?
Was ich versprach, das halte du!
Ei, ei, dein Korb ist schwer!
*118. Der kleine Hydriot.
Ich war ein kleiner Knabe, stand fest kaum auf dem Bein,
Da nahm mich schon mein Vater mit in das Meer hinein
Und lehrte leicht mich schwimmen an seiner sichern Hand
Und in die Fluten tauchen bis nieder auf den Sand-
5 Ein Silberstückchen warf er dreimal ins Meer hinab,
Und dreimal mußt ichs holen, eh ers zum Lohn mir gab.
Dann reicht' er mir ein Ruder, hieß in ein Bot mich gehn,
Er selber blieb zur Seite mir unverdrossen stehn,
Wies mir, wie man die Woge mit scharfem Schlage bricht,
10 Wie man die Wirbel meidet und mit der Brandung sicht.
Und von dem kleinen Kahne gings flugs ins große Schiss,
Es trieben uns die Stürme um manches Felsenriff-
Ich saß auf hohem Maste, schaut über Meer und Land:
Es schwebten Berg und Türme vorüber mit dem Strand.
15 Der Vater hieß mich merken auf jedes Vogels Flug,
Auf aller Winde Wehen, auf aller Wolken Zug:
Und bogen dann die Stürme den Mast bis in die Flut,
Und spritzten dann die Wogen hoch über meinen Hut —
Da sah der Vater Prüfend mir in das Angesicht —
20 Ich saß in meinem Korbe und rüttelte mich nicht —
Da sprach er, und die Wange ward ihm wie Blut so rot:
„Glück zu auf deinem Maste, du kleiner Hydriot!"
Und heute gab der Vater ein Schwert mir in die Hand
Und weihte mich zum Kämpfer für Gott und Vaterland.