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aus der Steuer der Bürger 31 547 Pfd., nach dem heutigen Geld¬
wert ungefähr 173 000 Mk.
5. Im Verlaufe des fünfzehnten Jahrhunderts verschlechterte sich
aber die Finanzlage der Stadt; die Einnahmen gingen bedeutend zurück,
es trat eine Überschuldung ein. Die Znnftunruheu und ein Knrftmt
vollendeten den Niedergang. Ein Teil der vermögenden Bürgerklajfe
war ausgewandert, viele Handwerker wurden gezwungen, die Stadt
zu verlassen. In dem Handwerkerverzeichnisse vom Jahre 1475 er¬
scheinen in Mainz nur 36 Weber gegenüber 364 Woll- und Leinen¬
weber in Frankfurt. Dagegen übertraf Mainz in den Gewerben, die
sich auf Weinbau und Gärtnerei beziehen, Frankfurt erheblich. Außer¬
dem war eine sehr große Zahl von Goldschmieden vorhanden, fast noch
einmal so viel als in Nürnberg. — Als Stapelplatz und „Lagerstadt"
für den Warenverkehr auf dem Rheine war Mainz von hervorragender
Bedeutung.
20. sie „Kcholaftrrte" und bi» alten Stadtschulen.
1 Die Klosterschulen standen in unserer Stadt bereits im neunten,
zehnten und elften Jahrhundert in hoher Blüte. Zwei Mönche, beide
Namens Ekkehard, werden zu jener Zeit als tüchtige und gelehrte
Lehrer zu Mainz genannt. Um die Mitl^e des zwölften Jahrhunderts
waren hier vier Klosterschulen; später stieg die Zahl sogar auf neun.
Nicht nur solche Knaben, Me~ sich dem Orden widmen sollten, wurden
diesen Schulen übergeben, sondern auch andere, „die der Welt ver¬
bleiben" wollten, erhielten in denselben ihre Ausbildung. — Neben
diesen Klosterschulen bestand in Mainz schon frühe eine „Dom-"
oder „Kathedralschule", gewöhnlich „Scholasterie" genannt. Dre Dom¬
schulen waren in Deutschland nach dem Vorgänge des Bischofs Chrode-
gang von Metz bei den bischöflichen Kirchen gegründet worden und
hatten den Zweck, für Heranbildung junger Priester und vor¬
nehmer Laienkinder Sorge zn tragen. Für die Leitung der Schule
war ein Mitglied des Domkapitels bestimmt, das den Titel „Scholastikus"
oder „Scholaster" führte. Die Unterrichtsgegenstände der Domschnle
waren dieselben wie die in den Klosterschulen; doch konnten die Zöglinge
auch außerhalb des Schulgebäudes wohueu. Um die Mainzer Dom¬
schule drehte sich im Jahre 1261 ein lehrreicher Prozeß. Auf dem Platze,
welcher heute noch „Leichhof" genannt wird, wohnte ein Bürger, der
bei einem Neubaue sein Hans so erhöhte, daß der „Domscholaster",
welcher ihm gegenüber wohnte, Klage erhob. Er führte an, daß den
der „Scholästerte" benachbarten Bewohnern des „Leichhofs" bisher,
wenn sie ihre Häuser erhöhen wollten, dies durch richterlichen Spruch
jedesmal verboten wurde, damit der Scholasterie nicht das Licht
oder die Aussicht verbaut wurde. Der Antrag des Klägers ging nun
dahin, daß der Verklagte sein Haus niederreißen oder doch um so
viel niedriger bauen müsse, daß der Scholasterie Aussicht und Licht